31.03.06

Sexistischieren Sie bitte!

Wenn du, werte Leserin, etwas dazu beitragen möchtest, dass die Strassenputzkolonne vor deinem Wohnhaus etwas gründlicher putzt als gewöhnlich, dann ist das ganz einfach. Einzige Bedingung dafür ist, dass du nicht höher als im zweiten Stock wohnst. Du brauchst auch weiter nichts zu tun, als dich in den Fensterrahmen zu stellen und die Fenster zu putzen. Wahrscheinlich glaubst du jetzt, du solltest dafür, wie sonst üblich dein hübsches Viva-Maria-Negligee anziehen. Aber nein, weit gefehlt, eine Turnhose mit weissen Streifen tut es auch. Vielleicht hat sie zwei Streifen und nicht drei (irgendwie muss man schon etwas auf sich halten, nicht wahr). Aber nicht dass du jetzt glaubst, du müsstest dich waghalsig auf den Sims schwingen, um dort in der Hocke das Fenster, welches zwischen deinen Schenkeln ruht auf Hochglanz zu polieren. Nein, die Helden der Stadtreinigung werden sich auch so richtig ins Zeug legen, für dich. Dein Anblick wird sie dazu verleiten, selbst in den unzugänglichsten Gebüschen vor deinem Haus nach Sugus-Papierchen zu suchen und den alten, verbeulten Robbi-Dog-Behälter an der Ecke auf Hochglanz zu bringen. Von dem ausserplanmässigen Einsatz etwas erschöpft, werden sie, wenn kein Stäubchen mehr auf der Strasse liegt, noch etwas rumlungern und sich Zigaretten anzünden. Doch wenn sie in deine Richtung schauen, dann so vorsichtig und verschämt, dass Du dich keine Sekunde lang beobachtet fühlst. Für einen Moment wird über den Männern, der glänzenden, lachenden Strasse und Dir das feierliche Gefühl liegen, etwas sehr Besonderes erlebt zu haben.

30.03.06

Was mich erregt (Teil 23)

Wenn er mich zum Lachen bringt.

Die Stadt frisst mich auf

Ich schliddere langsam in eine eigenartig geschäftige, urbane Gleichgültigkeit ab. Es wird Zeit, dass ich wieder raus komme.

28.03.06

2 Monate (Teil 5)

Es kommt in letzter Zeit öfter vor, dass ich Musik höre und gerührt weinen muss, weil
sie so überwältigend ist.

Manchmal weine ich aber auch aus Nostalgie, weil die Musik mich an eine Zeit erinnert, in der ich unglaublich glücklich war.

Aber nicht selten ist es ganz einfach so, dass ich beim Musikhören immer noch dieses zerreissende Verlangen nach Nikotin habe und ich pauschal weine. Um nicht wütend zu werden.

26.03.06

Raffinesse des Alters

Eine Studie aus Texas besagt, dass man länger jung bleibt, wenn man kein Problem mit dem Älterwerden hat. Der Grund: Zufriedenheit und positive Gefühle halten jung und gesund.
Ich wollte etwas für meine positiven Gefühle tun und habe am Samstag einen Schminkkurs besucht. Für die Reife Dame. Wehe jemand lacht jetzt. Der Kurs für die Unreifen war schon voll. Die Demoiselle am Empfang meinte, es passt schon, mit vierzig sei man reif.
Wenn ich nicht mehr mit Jugend blühen kann, dann zumindest mit makellos geschminkten Lippen und perfekt aufgetragenem Rouge, dachte ich mir. Das hinzukriegen ist eine Kunst, wie ich erfahren sollte.

Ich hatte einen Kater und kam zwei Stunden zu spät. Der Visagist schaute mir als erstes auf die Schuhe (Ausgelatschte Puma Turnschuh Kopie, die ich vor drei Jahren auf dem Chinesischen Markt in Budapest erstanden hatte) und bebte mit den Nasenflügel. Dann sah er mir ins Gesicht und fragte, wie viele Stunden ich geschlafen hatte. Ich atmete tief durch. Ich mochte ihn auch nicht. Er redete die ganze Zeit und beschwerte sich über ungepflegte Frauen und solche, die keinen Geschmack haben. Sprich: Frauen, die sich nicht schminken. Wie ich.
Ich lernte also, wie man im Alter mit ein wenig Raffinesse und einem perfekten Make-up die Schönheit der Jugend wettmachen, und das Alter ganz einfach übertuschen kann.
Ich gebe zu: ich sah beeindruckend aus, mit meinem Abend Make-up. Der Visagist war auch zufrieden. Er sagte: „Wenn du so daher kommst kannst du alle Männer um den Finger wickeln.“ Er lächelte sogar dabei.

Mitten in der Nacht

„Ich habe gesehen, dass bei dir das Licht noch brennt.“
„Ja. Komm rein.“

21.03.06

Nachmittags im Lieblingssessel...

... mit Dankbarkeit und Rührung die x mal durchgelesenen Comics, wie ferne Freunde, die man zufällig in der Stadt wieder trifft, noch einmal ansehen.

Princesse
in den ich mich unsterblich verliebt hatte

aus dem Band Rebecca von Anna Brandoli 1987



Corto Maltese,
dem ich gerne einmal im Leben begegnet wäre:

von Hugo Pratt


... und all die anderen.

20.03.06

Ein Wochenende bei meinen Neffen

„Tante Minka, mir ist schlecht. Ich musste erbrechen!“
Ich schaute erst zu meinem Neffen (9), dann auf den Wecker (3 Uhr morgens).
„Was?“ Ich sprang aus dem Gästeschlafsofa, „du hast gekotzt?“
„Man sagt ‚erbrochen’ Tante.“ (Das sagte er wirklich!)
„Echt?“
„Ich habe es leider nicht mehr ins Bad geschafft.“
Ich machte überall Licht. Es sah schlimm aus. Ungefähr so, als hätte er vom Bett aus einen neuen Weltrekord im Weitkotzen brechen wollen, und es dann stehend von der Türschwelle noch einmal versucht.

Morgens um fünf dann:
Neffe (7): (rüttelt mich wach) „Tante Minka, wach auf, ich habe Nasenbluten. Ich brauche ein Taschentuch.“
Ein Jeder kann sich jetzt das neue Bild der Verwüstung selber ausmalen.

16.03.06

Relaxieren Sie bitte!

Wenn du, werte Leserin, dich wieder einmal wie eine Diva fühlen willst, dann nimm die Einladung zum Abendessen bei deinen schwulen Freunden an.
Nach dem Essen wird es eine kleine Galavorstellung geben, und du bekommst eine Federboa und eine blonde Perücke aufgesetzt und bist eine Göttin in einer glamourösen Götterwelt.
Du wirst den ganzen Abend verwöhnt und amusiert, bis du das letzte Tram verpasst. Dann bekommst du die zwei Meter fünfzig Königinnen-Matratze, wirst mit hellblauen Lammfellen überdeckt, ein Glas frisches Wasser wird neben das Bett gestellt und auserlesene Zeitschriften mit nackten Männern. Eine neue Zahnbürste wird für dich ausgepackt, und „noch ein letzter Likör vor dem Einschlafen, meine Liebe?“
Am Morgen als erstes dann ein frisch gepresster Orangensaft im Cocktailglas, Frotteetücher in drei Grössen werden bereit gelegt und während du duschst wird ein Milkshake mit frischen Erdbeeren zubereitet.

14.03.06

Der Zahn der Zeit oder ein nicht folgenloses Wochenende

Ich habe mich am Wochenende erkältet.
Ich war eine nicht enden wollende Nacht lang unterwegs, in meinem Alter ist das nicht mehr folgenlos.
Zuerst war ich mit Tanja ein Bier trinken, dann trafen wir ihren lieben Kurt und zwei seiner Trinkkumpane. Wir zogen weiter und weiter, von einer Bar zur nächsten.
Ich war an Orten, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie gibt. Die 'Bronco Loge’ zum Beispiel. Dort sind alle über 40, lauter Rocker und Rockerbräute. Auffallend viele lachten mit schiefen Mündern. Ich muss noch dahinter kommen warum. Hatten sie sich tatsächlich angewöhnt, nur noch schräg zu grinsen, wie man das in Gangsterfilmen so oft sieht? Oder mussten sie alle eine Zahnlücke beim Lachen verbergen?
Es wurde insgesamt recht familiär auf die Schultern geklopft und ungeniert derb gesprochen. Trotzdem überfiel mich eine leise Wehmut: Die Tatoos der Rockerbräute waren verblasst und zerschmelzten unaufhaltsam auf der faltig gebräunten Haut. Die Zeit grinst nicht schief, sie zeigt alle Zähne, wenn sie lacht. Oder wie heisst diese Redewendung?
Eine Band spielte grossartigen Blues oder Rock. Ich stieg die Holztreppe nach oben, dort standen Billard- und Fussballtische. Ich spielte Billard mit einem alten Rockabilly, der mir knapp bis zur Brust reichte. Ich mochte ihn auf Anhieb, mit seinem runden Bauch und seinen buschigen Koteletten. Er sah aus wie ein Horn und Perlmutter Händler, dessen Intelligenz unterschätzt wird. Ich habe manchmal eine Schwäche für intelligente Männer, die wie Barbaren aussehen. Er schien überglücklich und flirtete ganz eifrig mit mir. Alle 10 Minuten mussten wir 2 Franken einwerfen, damit das Licht wieder brannte. Das ist fies, im Dunkeln trifft man die Kugeln tatsächlich kaum noch. Mein Billiardbilly flirtete immer dreister. Ich schaute ihn ruhig an und fragte, worauf er eigentlich hinaus wollte. "Ich weiss es selber nicht so genau“ sagte er, „ich bin einfach hin und weg von dir und will dich rumkriegen. Dabei hoffe ich insgeheim, dass mein Unterfangen chancenlos bleibt. Die Folgen würden ansonsten den Weltfrieden gefährden.“ Ich lachte.
Ich konnte ihn so gut verstehen. Das Licht ging aus. Ich hatte keine Lust mehr, das angefangene Spiel zu beenden. Viel lieber wollte ich darauf noch einen heben. Wir gingen runter an die Bar. Dort traf ich Tanja. Sie war den Tränen nahe. Kurt hatte sich festgesoffen und war nicht mehr zu bewegen. Ich verabschiedete mich von meinem Billywilli mit einem Kuss auf die Stirn und begleitete Tanja mit dem Taxi nach Hause.
Dann ging ich ins Dead End. Dort spielte auch eine Band. Metal Jungs, es klang ziemlich lokal. Es war: Laut.
Ich nahm einen Drink und stieg die Kellertreppe hinab. Unten waren Sofas, ein Fussballtisch und welch Überraschung: Mein junger Liebhaber. Wir hatten seit zwei Wochen Funkstille, weil ich ihn "Idiot" genannt hatte, worauf er sich auf der Stelle umdrehte und weglief. Ich hatte auch nicht mehr zurückgeschaut.
Jetzt kam er strahlend auf mich zu und sagte: So schön bist du da. Ich habe dich so vermisst.
Um sechs Uhr wollte er mir unbedingt und auf der Stelle im Übungsraum ein Stück auf der Gitarre vorspielen. Was er nur für mich komponiert hatte.
Um acht Uhr mussten wir unbedingt bei ihm ein Bad nehmen.
Um zehn brauchten wir dringend weich gekochte Eier und Zopf zum Frühstück. So ging das weiter bis drei Uhr nachmittags. Dazwischen wollten wir die neuen Stellungen unbedingt auch mal so rum ausprobieren.
Heute bin ich erkältet. Das ist wegen den nassen Haaren nach dem Bad. Er hatte natürlich keinen Fön.

09.03.06

So! Ich habe mein Auto repariert. Die Sonne scheint. Ich fahre los. Ja!

08.03.06

Was ich heute alles verpasst habe

Heute Morgen wollte ich nach Deutschland fahren. Inzwischen habe ich keine Lust mehr egal wohin zu fahren. Das Wetter ist brutal. Es regnet gnadenlos. Mein Auto ist kaputt. Ich sollte mich um eine Zugfahrkarte kümmern und um eine Übernachtungsmöglichkeit. Ich hasse Hotelzimmer buchen. Ich hasse Hotels in Deutschen Städten.
Das einzige, worauf ich jetzt Lust habe ist ein Mann. Ein Mann, der mir beim Fahren Gesellschaft leistet. Ein Beifahrer, der mir Geschichten erzählt. Ein Mann, der Autos reparieren, Routen planen oder Fahrkarten kaufen kann. Ich kann das alles nicht. Ich verpasse fast jeden Zug und verpasse das Buchen verpasse die richtigen Ausfahrten und verpasse auch den Mann, der das alles kann.

07.03.06

Blutkuchenkur

Ich verpasse im Moment fast alles. Aber die letzten Blut und Leberwürste, die verpasse ich nicht. Heute Mittag werde ich sie bei meinem Lieblingsmetzger kaufen. Und ich werde mich fragen, wie jedes Mal, wenn ich bei meinem Lieblingsmetzger Fleisch einkaufe, warum ausgerechnet Metzger Verkäufer so unglaublich gut flirten können.
Sie verstehen etwas von Fleischlichkeit. Das ist sicher.
Wenn es nach mir ginge würde ich jeden Tag schon zum Frühstück eine Blutwurst essen.
Ich bin eben die Art Frau, die zum Frühstück ganz gerne eine Blutwurst verspeist. Im Moment esse ich aber Müsli mit Haferschrot. Eine Kur, die mir empfohlen wurde und beruhigend auf meine Nerven und meinen Organismus wirken soll. Wobei ich im Gegenzug meinen Ernährungsberaterinnen-Freundinnen meine Massai Kur (Blutwurst zum Frühstück) wärmstens ans Herz gelegt habe, damit sie etwas Farbe und Ausdruckstärke in ihre anämischen Seelen zurückbekommen.