30.04.09

Erfüllung

Schafe grasten um mich herum, der Hund lief in der Ferne seine Runden, der Sonnentau fing kleine Mücken und die Kreuzottern wärmten sich in der Sonne. Meinen Füssen war es zu heiss in den Gummistiefeln. Das Moor war feucht und dampfte. Ich hütete Schafe und dachte nach. Oder ich träumte vor mich hin. Träumte von Sumpfmonstern, die plötzlich aus Moorlöchern auftauchten und sich aus traumtechnischen Gründen in Schönlinge verwandelten. Träumte von Lofts in Grossstädten mit allem Drum und Dran, einer Badewanne auf dem Loftdach, Designersofas, koksenden Gästen in schwarzen Kleidern. Träumte von Männern, die sich in Sexmaniacs verwandelten, Stuntmännern, die sich in Haiku dichtende Schöngeister verwandelten, Zirkusakrobaten, einem Flipperkasten und von Sushi. Was hätte ich nicht alles gegeben, nur für ein einziges Sushi.
Nun, ich habe alles gegeben. Dafür esse ich jetzt Sushi so viel ich will.

29.04.09

Kunstübermittag 2

Heute: 20JahreTracyEnim.
Ihr Leben, ihre Männer, ihren Körper, ihre Erinnerungen, oder selten in der Kunst dargestellte Themen wie Abtreibung oder Kinderlosigkeit und Alleinsein im Alter: Alles hat sie eingerahmt oder installiert und in Kunst umgesetzt.
Ihr durchgehendes Thema ist sie selber. Ihr Leben erzeugt Kunst. Eine Ausstellung, die Lust weckt auf das Leben, Sex, Kunst, Männer, Körper.
Die junge Blonde ohne Stimme macht die Führung. Aber Tracy Enims Werk ist viel spannender. Ich werde ein anderes Mal über die junge Blonde berichten.
Ein etwas hölzerner - ich vermute mal - Lehrer hat etwas auszusetzen an der Kunst und wuschelt dabei mit den Fingern in seinem lichten Bart. Er lächelt verlegen. Die Schweizer sind gut im sich Zurücknehmen. Sie lächeln, wenn sie kritisieren. Der immer etwas zersauste Aufseher allerdings, der mich jedes Mal nickend grüsst und mir lange nachsieht, kann sich heute nicht mehr zurückhalten und sagt salu, als ich an ihm vorbeigehe. Er ist aber für meinen Geschmack zu dünn.

27.04.09

Frühlingssalat mit Veilchenblüten




„Blüten sind ja die Geschlechtsorgane der Blumen,“ sage ich, während sie mit der Gabel die Veilchen vom Salat auf den Tellerrand schiebt.
„Wie meinst du das?“
„Nun, es ist wohl nicht jedermanns Sache, Geschlechtsorgane in den Mund zu nehmen,“ witzle ich, während ich eine Blüte zum Mund führe.

26.04.09

Sonntagmorgen

Ich klopfe bei Fiona an die Wohnungstür: „Kommst du mit ins Diemtigtal?“
Es ist Sonntagmorgen früh. Fiona liegt noch im Bett, ich setze die Espressomaschine auf die Gasflamme. Als wir zwanzig Minuten später mit Sonnenbrille, Rucksack und Wanderschuhen vor dem Haus stehen, beginnt es zu regnen.
Wir kehren um in unsere Betten, schlafen aus.
Später spazieren wir zum Rosengarten und trinken einen Pastis. Es ist bewölkt und die Menschen sind ganz erträglich ohne ihre zwanghaft gute Sonnensonntagslaune.

25.04.09

Neuer iPod

Das Sekundenglück des Postboten, wenn die Empfängerin des Paketes schon vor der Haustür auf ihn wartet und bei der Übergabe vor Freude in die Luft springt und in die Hände klatscht.

23.04.09

Kunstübermittag 1

Heute: Wilfried Moser.
Die Windfrisur macht die Führung. Die Windfrisur heisst so, weil sie ihre Haare immer waagrecht nach hinten sprayt. Es sieht aus, als würde sie permanent im Wind stehen. Sie trägt immer Herrenschuhe und ein aus der Mode geratenes Hosenkostüm.
Sie erwähnt in Zusammenhang mit Moser die Begriffe Taschismus und informelle Kunst, die ich mal fürs Protokoll notiere. Ich schreibe jetzt jede Woche ein Protokoll für meine lesbische Kollegin Nique, die vier Wochen in den Ferien ist und mich gebeten hat, ihr haargenau zu berichten, was sie bei Kunst über Mittag verpasst.
Die Windfrisur erklärt aber nicht, was Taschismus ist, sondern zählt die Namen von Künstlern aus der Entourage des Künstlers auf. Sie ist allgemein gut im Künstlernamen kennen. Es ist ihre Spezialität. Heute waren es 12 Namen, allesamt mir unbekannt. Ich habe Striche gemacht.
Nun interessiert sich Nique nicht nur für Kunst. Hauptsächlich interessiert sie sich für Frauen. Darum muss ich diese lange Blonde mit nur einem langen T-Shirt über den Strumpfhosen noch erwähnen. Die würde Nique so sehr ablenken, dass sie gar nicht mehr mitkriegen würde, was denn nun Taschismus sei, sofern die Windfrisur es doch noch erklärte. Weil die Lange mit dem knappen T-Shirt die ganze Zeit herumspaziert und die tief hängenden Schilder neben den Bildern liest.

22.04.09

Meine Gutenachtgeschichte

Obwohl ich ja eine alte, runzlige Dame bin, mit dickem Krötenbauch und knorrigen Händen, gibt es immer noch Männer, die sich wie Eidechsen entzückt zu meinen Füssen kringeln. Heute zum Beispiel der Steuerberater, der praktisch nichts für seine Arbeit wollte und sagte: "Ich mache das doch gern."
Wenn ich die Eidechsen frage, was sie sich wünschen, dann züngeln sie ganz aufgeregt, schliessen ihre Augen zu einem schmalen Schlitz. Sie züngeln nachdenklich, weil Eidechsen mit der Zunge denken, tapsen mit ihren Echsenfüssen auf der Stelle und überlegen so, was sie denn wollen.
"Wollt ihr Ameiseneier?", sage ich dann, und die Eidechsen züngeln und rufen:
"Ja! Ameiseneier, woher weisst du eigentlich so genau, was wir uns wünschen?"
Dann nehme ich meine geheime Schachtel mit den Ameiseneiern hervor und werfe ein paar Handvoll Ameiseneier auf den Boden. Dann flitzen die Echsen von Ei zu Ei, wuseln durcheinander, fressen alles auf und kräuseln sich vor Glück.

20.04.09

...

Frauen mit Kinderwagen, die kurz stehen bleiben, weil sie die Hände zum Reden brauchen.

19.04.09

gier

ein drum träumt von einem dran
ein wo träumt von einem wann
ich träume von dir

18.04.09

Das Blatt in der Liebe

Ab 18. April, wenn die Venus wieder vorwärts läuft und vorübergehend ins Sternzeichen Fische zurückkehrt, was bedeutet, dass wir von Gefühlen regelrecht überschwemmt werden könnten, wendet sich das Blatt in der Liebe.