29.06.10

Glücksrollen


Ich verbringe die Tage mit Unterrichten, Kochen und im Garten. Es gibt so viel zu tun. Koche Stachelbeeren zu Gelee, setze Holunderwein an, ernte die Erdbeeren im Garten und mache Erdbeereis daraus. Ernte Hornveilchen und setze Veilchenessig an.
Ich gehe früh ins Bett. Kann aber nicht einschlafen. Ich könnte noch so viel tun. Der alte Martin hat mir einen Eimer voll Johannisbeeren überlassen. Die müssen auch noch verwertet werden. Erhebe mich wieder und gehe in die Küche. Koche die Johannisbeeren in einem grossen Messingtopf auf. Setze einen Hocker verkehrtrum auf den Küchentisch und binde ein Tuch an den vier Beinen fest. Stelle eine grosse Schüssel darunter. Schütte die heissen Beeren in das Tuch und beobachte, wie der Saft durch das Tuch in die Schüssel rinnt. Dann lege ich mich schlafen.
In aller Frühe erwache ich, unruhig, weil ich das Johannisbeergelee kochen und noch vor dem Mittag vietnamesische Frühlingsrollen machen möchte. Mit Houttuynia, diesem vietnamesischen Koriander, der im Garten so hübsch aussieht, und auch vorzüglich in Frühlingsrollen passt. Leider besteht seine geheime Mission darin, im Untergrund den gesamten Garten zu erobern. Seine Nachbarn Mädesüss und Borretsch beschweren sich schon. Dabei gibt Houttunynia immer den Anschein, mit allen gut auszukommen.
Nach der zehnten Frühlingsrolle habe ich es raus mit dem Rollen, gebe mal mehr Glasnudeln, mal weniger Sprossen hinein und packe alle zwanzig Frühlingsrollen mit zur Arbeit ein. Meine Arbeitskolleginnen müssen sie probieren. Die perfekte Frühlingsrolle kommt in mein Kochbuch.
Nach der Arbeit gehe ich in den Garten und jäte Beet für Beet durch. Jeden Tag ein Stückchen weiter. Nach zwei Wochen bin ich am anderen Ende des Gartens angelangt und beginne wieder von vorne.

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