21.05.12

Frauenherz Teil 2

Gestern war unser erstes Date. Sozusagen ein Blinddate, weil wir nur diesen einen Blick in Erinnerung hatten, aber nicht wie wir aussahen.  Ich war verlegen, und nervös, und versuchte das Weinglas nicht umzukippen und die Hände auf dem Tisch zu behalten. Er sass ruhig da und sah mich unverwandt an, hörte mir zu, unterbrach mich nicht, manchmal schwieg er, weil ich Unsinn erzählte. Er redete offen, wie zu einer Vertrauten, verschwieg mir nichts.
Wir könnten immerhin gute Freunde werden, dachte ich, während er von seiner Familie erzählte. Aber abgesehen von den Gelegenheiten, bei denen ich ihm kumpelhaft zuprostete, wollte ich ihn immerzu nur küssen.
Es könnte eine Affäre werden, dachte ich. Aber Affären enden immer mit Liebeskummer. Eine der drei beteiligten Personen ist am Ende immer verletzt. Auch wenn alle Beteiligten einverstanden sind und mit der Situation umzugehen wissen. Weil sich Gefühle nicht an Vereinbarungen halten.
Als wir uns verabschiedeten, küsste er mich links und rechts auf die Wangen, vielleicht eine Spur zu innig. Dicke, weiche Wangenküsse, die er wie Bettkissen auf ein Louis Philippe Sofa platzierte. Wie gut er riecht, dachte ich, und mir fiel ein, wie sehr mein Verlangen nach diesem Geruch hungerte.  In dem Moment überkam mich Angst, oder Traurigkeit, denn mir wurde klar, dass unsere Geschichte die Nahrung dieses hungrigen Tieres sein würde. Und das wollte ich nicht.

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