26.03.12

Frühlingsgartengedanken

Nach der Gartenarbeit noch sitzen bleiben. Ruhig. Zufrieden.
Die Gedanken schweifen über die Beete, was wann und wo blühen wird im Sommer.
Ob die herrische Gewürztagestes, die letztes Jahr die Kapuzinerkresse so eingeschüchtert hat, mit der leichtfüssigen Kornblume auskommen wird?
Oder besser Mohn zu der Kornblume setzen, um sie zu beruhigen.?
Und ob die gesellige, heimische  Ringelblume auch mit der mexikanischen Agastache Freundschaft schliessen wird?
Und warum verbreitet das Veilchen gerade so unverschämt ihren lieblichen Duft?

20.03.12

Ich erhitzte Öl in der Pfanne, nahm zwei fingerdicke Lendenstücke eines Lamms, rieb sie mit Salz ein und legte ins hoch erhitze Öl, ohne sie zu bewegen, ohne sie auch nur zu berühren, und briet sie auf hoher Flamme eine Minute von jeder Seite. Nach genau zwei Minuten nahm ich die Pfanne vom Herd, legte die Lendenstücke auf einen Teller und verteilte frisch gemahlene Pfefferkörner und Rosmarin darauf. Dann goss ich, weil ich keinen Brandy hatte, ein randvolles Gläschen Madeira in die Pfanne und legte die Stücke zurück in die Pfanne. Ich liess sie weitere zwei Minuten in der Sauce ziehen, ohne dass die Sauce kocht.
Dazu reichte ich Kartoffelpüree, Salat und vierjährigen Rotwein.

18.03.12

Gesetzesfürchtige Menschen ohne Güte

Die gesetzesfürchtige, rechtschaffene Sozialarbeiterin, die denkt, sie helfe. Dabei zwingt sie den Menschen ihre Vorstellungen von einem geregelten, konformen Leben auf. Einem Leben, das Böse bestraft und Gute belohnt. Einem Leben, das man mit Regeln und Zielen in den Griff bekommt.

15.03.12

Den Bauch einziehen, oder wie wird man die Wintergefühle los

Ich sehe schlecht aus, sagen derzeit meine Freunde, aber sie meinen es nicht so. Sie meinen etwas bleich und müde. So fühle ich mich auch. Es wird Zeit, dass ich aus den Wintergefühlen rauskomme. Die behagliche Trägheit sitzt noch tief in den Knochen. Und auf einmal soll mein Körper wieder mit dem Velo zur Arbeit fahren, stundenlang im Garten die Erde lockern, hübsche Beine zeigen, und das kuschelige Pölsterchen am Bauch darf er auch nicht behalten. Er reklamiert und ist müde.
Was für die Frühlingsgefühle hilfreich ist, ist ein hübsches, kurzes Kleid. Dazu Stiefel. Das gibt den nötigen Schwung, dachte ich mir. Also schwang ich mich aufs Velo und hörte eine Naht reissen. Der Ärmel, vermutete ich. Ich kehrte um und sah den Schaden im Spiegel an: Es war nicht die Naht, das halbe Kleid war zerrissen. Ich zog mich um. Diesmal ein hübsches, teures Kleid. Nahm, um kein Risiko mehr einzugehen, die Strassenbahn zur Arbeit. Dann trank ich einen Kaffee und kleckerte das teure Kleid voll. So stand ich also mit meinem eng anliegenden Kleid den ganzen Tag vor dreissig Leuten und alle starrten auf den Kaffeefleck auf meinem Winterbauch. Ich sah nicht schlecht aus, aber etwas bleich und müde.

04.03.12

Der Duft der Erinnerung

Wie kann ich sagen, dass es vorbei ist, 
wenn Erinnerungen, wie eine Wolke aus Blüten, 
meine Gedanken benebeln.  

03.03.12

Bettgeschichten

Ich ertrage mein Bett noch immer. Obwohl wir uns seit letzter Woche ganz schön auf der Pelle liegen.

02.03.12

Leseschlafkur

Schau gut zu dir, schreiben derzeit meine Freunde im letzten Satz, bevor sie herzlich grüssen. Das tu ich: Ich liege die ganze Zeit im Bett und schaue gut zu mir. Ich lese und schlafe. Habe eine Mittelohrenentzündung.
Ich stand gestern Morgen schon um halb acht mit Ohrenschmerzen vor der Praxis meines Hausarztes. Hatte eine schlimme Nacht hinter mir.
Der Arzt setzte sich nah an mich ran, was ich nicht unangenehm fand. Aber dann nahm er ein Gerät in die Hand und ich zuckte zurück: "Tut das weh?"
"Das ist ein Otoskop", klärte er mich auf. "Damit schaue ich in Ihr Ohr, das tut nicht weh. Damit sehe ich alles, was in Ihrem Kopf vorgeht." Er schaute ins Ohr und sagte: "Das ist sehr interessant. Ich kann Ihre Gedanken lesen."
"Und was denke ich?", fragte ich.
"Sie befürchten, dass ich Ihnen Antibiotika verschreiben werde. Das tu ich aber nicht, weil Sie es nicht wollen. Das ist ein Risiko für mich", sagte er.  Er lächelte: "Ihr Zustand könnte sich noch verschlechtern, und dann stehen Sie wieder jammernd vor meiner Tür. Na ja, spätestens dann werden Sie eine Antibiotika Kur wollen."
Ich lachte.
Also hat er mir eine Im-Bett-Bleibkur verschrieben.
Ich mag meinen Hausarzt sehr. Er ist kompetent und durchschaut mich. Und er riecht immer gut.