06.12.10

Seifenhalbiererin

Ich schneide die Seife entzwei um das Gewicht zu minimieren. Die halbe Seife ist Duschmittel, Haarshampoo und Waschmittel in einem und reicht für fünf Wochen. Mit einer halben Seife, einer Zahnbürste, einer Minizahnpasta, einem Schlafsack, einer Regenjacke, zwei Ersatzunterhosen und Ersatzsocken im Rucksack mache ich mich auf den Weg. Fünfhundert Kilometer entlang der türkischen Südküste. Zu Fuss. Vielleicht nehme ich die leichten Ersatzschuhe auch noch mit. Danach eine Woche Istanbul. Mit allem Drum und Dran. Märkte, Teegärten, Konzerte, Feste. Zurück über Sofia, Budapest, Wien. Mit dem Zug. Mitte Januar bin ich wieder in Bern. Inschallah.

29.10.10

Zum Geburtstag

Auf dass das kommende Jahr Dich in Deinen erfüllten Wünschen satt umherwandeln lässt.

19.10.10

Vortrag

Ein Vater spielt Motorradfahren mit seinem Sohn und brummt so laut, dass mich niemand reden hört. Ich halte einen Vortrag und schreie was das Zeug hält. Sage dem Vater, er soll doch bitte leise brummen. Da brummt er noch lauter.
Aufgewacht.
Draussen wird mit der Motorsäge ein Baum gefällt.

16.10.10

15.10.10

Befindlichkeit

 mal über

mal unter dem Nebelmeer

02.10.10

Ferien

 Ein gutes Buch, Musik, Wanderkarte, Daunenjacke und mich dabei.

 Selbstgespräche. Drei Tage ohne Handyempfang.

 Ein Arvenwald. Gespenstisch.

Einsamkeit und Glück 

 
 Aussicht auf ein Calanda Bier. Beschleunigung.

Gemse Schnitzel an Preiselbeer Rahmsauce

Herbst. Stille. Einsamkeit.

25.09.10

Ferien

Ich freu mich so.

19.09.10

Im Mond

 Meine Lehrerin, mademoiselle Gaulet, vermerkte in der ersten Klasse im Zeugnis: Minka est souvent dans la lune.

14.09.10

Auf Granit stossen

Am Montag gibt’s keine Schafmilch zu kaufen. Überlege kurz, ob ich Ziegenmilch nehmen soll, aber bei der Ziegenmilch ist das Kühlregal auch leer.
Montag. Immer montags. Ich will mir so etwas nicht merken.
Muss mir so viel merken immer.
Habe mir das Geburtsdatum von Nic gemerkt, weil ich mit ihrer Benützerkarte in der Schulwarte meine alten Computerdisketten durchsehen und nach Fotos absuchen will. In der Schulwarte gibt es noch Kassettengeräte und Diskettenleser. Man kann auch alte Videokassetten auf DVD brennen.
Nic weiss immer, wo man was machen kann. Manchmal rufe ich sie an und frage: Wo kann man im Emmental schön wandern? Oder wo kann man eine Granitplatte zuschneiden lassen? Ich will nämlich eine Arbeitsfläche aus schwarzem Granit in meiner Küche. Sie weiss solche Sachen einfach. Sie ist meine grosse Freundin.
Gestern hatten wir unseren ersten Streit. Sie mag es nicht, wenn ich Menschen auf Fotos beschreibe. Und das ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen.
Sie hatte mir aus einer Partneranzeige ein Bild von einem Mann gezeigt, der was für mich sein könnte. "Er sieht auf den ersten Blick aus wie ein Pfadfinder", sagte ich. "Voller guter Absichten. Einer, der offen ist im Sinn von: Alles kann, nichts muss."
Nic verdrehte die Augen.
"Er hat etwas sinnliches", fügte ich hinzu, als ich seinen Mund betrachtete, "aber er ist unsicher. Unsicher in Gruppen, oder wenn er öffentlich auftreten muss. Eine Mischung aus Unsicherheit und Faszination auch älteren, selbstbewussten Frauen gegenüber".
"Also nichts für dich, willst du sagen," seufzte Nic.
"Ja,  er wirkt etwas verklemmt."
"Du hast doch keine Ahnung, was für ein Mensch er wirklich ist," sagte sie.
"Doch, das habe ich," sagte ich.
"Wie kannst du behaupten, dass er unsicher ist? Vielleicht hatte er einen schlechten Tag, als das Foto gemacht wurde. Er sähe sicher nicht verklemmt aus, wenn er entspannt am Strand läge."
"Doch, das täte er," sagte ich. "Ich könnte dir sogar sagen, was seine sexuellen Vorlieben sind."
"Das will ich lieber nicht wissen," sagte sie.
"Was ist er denn von Beruf?", fragte ich.
"Er ist Erwachsenenbildner."
"Na, siehst du, ich wusste es doch."

11.09.10

Es überraschte mich auch nicht, dass sie sich in ihrem Sportwagen von einer Männerstimme navigieren liess. Was mich irritierte war, dass ihr perfektes Lächeln ihr Gesicht so verzerrte.

08.09.10

Aufatmen

***

Die Tage wie Geschenke des Lebens auspacken

***

Der Verkäufer, der die neue Kollektion an die Kleiderbügel hängte und seufzte, er sei den ganzen Tag schon am - Aufbügeln, was aus seinem Munde wie eine sexuelle Doppeldeutigkeit klang.

***

Kaninchenleber mit Birnen, Artischocken und Parmaschinken an einer Portweinsauce. Dazu Rösti.

***

la follia, la follia
dabadabadabadaa

06.09.10

St. Honoré Torte

Als ich mit meiner Torte in die Konditorei zurück ging und die Verkäuferin fragte, ob nicht einer der Konditoren im Hause die Torte wieder richten könnte, ich hätte sie am Morgen gekauft und sei umgefallen, die Torte sei umgekippt und die ganze Füllung klebte nun am Deckel, da liess sie mir umgehend, mit Worten des Bedauerns und matronenhaften Anweisungen an die jungen Verkäuferinnen, eine neue Torte geben.

03.09.10

Die halbe Stunde zwischen Nacht und Tag

Die Tage beginnen so glücklich. Erwache in der Dämmerung und gönne mir eine halbe Stunde Zeit zum Aufwachen. Bleibe im Bett liegen, sehe aus dem Fenster in den farblosen Himmel, der unmerklich heller wird, und auf einmal hellblau ist.

01.09.10

Schon wieder aus Versehen all meine Fotos gelöscht. Erstmal nichts gesagt und panisch versucht, an der Kamera eine Funktion zu finden, die gelöschte Bilder entlöscht. Dann nein gebrüllt. Nein nein nein. Und  nein. Einfach nur nein.

30.08.10

Artichokes und Anchovis

Habe bis jetzt geschrieben. Den Leistungsnachweis für meine Weiterbildung. Es ist halb neun und ich habe Hunger. Setze mich in die Küche und schenke mir ein Glas Rotwein ein. Habe Hunger und keine Lust zu kochen. Nur Kartoffeln im Haus. Öffne den Kühlschrank, um ein Menu mit Kartoffeln zusammen zu stellen. Der Kühlschrank ist leer. Setze mich wieder an den Tisch und denke ans Essen. Öffne den Kühlschrank noch fünf Mal. Irgendetwas wird sich doch im Kühlschrank zu den Kartoffeln finden. Er ist jedes Mal leer. Bestelle eine Pizza. Bei MPK. Mega Pizza Kurier. Eine Quattro Stagioni ohne Pilze, bitte. Dafür mehr Artischocken, wenn’s geht. Warte am Küchentisch bei Rotwein und denke an die Weiterbildung. Habe den zweiten Weiterbildungstag bereits geschwänzt. Meine Mutter wird eben im Leben nur einmal 70 und ich hatte die Gelegenheit, ihren Freund kennen zu lernen. Samt Kind und Kegel. Ein Wittwer, fast zehn Jahre jünger als meine Mutter. Wenn sie heiraten, wird er mein Stiefvater. Und seine drei Söhne meine Stiefbrüder. Meine zukünftigen Stiefbrüder sehen aus wie Schwingerkönige. Berner Oberländer mit rosig glühenden Wangen und bergsonnenstrahlenden Augen. Sie arbeiten bei der Jungfrau Bergbahn und haben Ehegattinnen, die alle exakt den gleichen Haarschnitt haben. Stirnfransen und die schulterlangen blondierten Haare grob gestuft. Entweder gehen sie zum gleichen Frisör im Dorf, oder die zukünftigen Stiefbrüder haben den gleichen Frauen mit Ponyschnitt Geschmack. Wie sah wohl die Mutter meiner zukünftigen Stiefbrüder aus?  Ich fragte, wie sie die Liaison ihres Vaters mit meiner Mutter empfinden. Sie antworteten, dass meine Mutter ihre Mutter nie ersetzen wird. Ich frug nicht weiter. Obwohl ich gerne nach einem Foto der Mutter gefragt hätte.
Ali bringt meine Pizza. Er gibt mir zuerst die Hand. Stellt sich vor. Dann steckt er mein Geld ein, reicht mir die Pizza und gibt mir zum Abschied wieder die Hand. Renne mit der Pizza die Treppe hoch, weil das Telefon klingelt. Meine Mutter ist am Apparat. Sie bedankt sich für das Geburtstagsfest und wünscht mir auch einen Freund. Auf meiner vier Jahreszeiten Pizza wird der Herbst frischfröhlich mit Pilzen zelebriert. Wenigstens sind es frische Champignons. Frage mich, ob Artischocken, Schinken oder die bunten Peperonis den Frühling symbolisieren. Und was Sommer sein könnte. Das Telefon klingelt. Meine Schwester ist am Apparat. Sie sagt, dass der Computer für meine Mutter noch immer nicht geliefert wurde. Es wäre das Überraschungsgeschenk für meine Mutter gewesen. Ich habe ihn gekauft und zu meiner Mutter schicken lassen. Einen Mac. Habe insgesamt mehr Zeit gebraucht, eine passende Geburtstagskarte zu finden, als das passende Geburtstagsgeschenk. Leider ist auf die Schweizer Post auch kein Verlass mehr. Sage meiner Schwester, dass ich gerade Pizza esse, die kalt wird. Was für eine, will sie wissen. Eine Quattro Stagioni mit Pilzen, obwohl ich anstatt Pilzen Artischocken bestellt hatte. Sie erzählt mir, dass sie in Amerika einmal eine Pizza nur mit Artischocken bestellt hatte, und eine Pizza mit Sardellen bekam, weil sie das englische Wort für Artischocken nicht kannte.

26.08.10

Er suchte meine Nähe und fand sie nicht

"Möchtest du ein Glas Wein. Oder noch einen Kaffee?"
"Nein, ich möchte gehen."

24.08.10

Sprechstunde

Sein Blick wanderte über mein Gesicht, suchte Halt mit aller Kraft. Aber dann stürzte er immer wieder in meinen Auschnitt ab.

23.08.10

Ich verstehe die Menschen nicht

Wenn ich aufhöre, Erwartungen an die Menschen zu haben, an ihre Wahrhaftigkeit, ihren Mut, ihre Fähigkeit zu reflektieren, dann gelingt es mir, gesellig zu sein.
Wenn ich beginne, die Menschen zu verstehen, wie sie leben und warum sie so leben, dann beginne ich sie gern zu haben.
Auf der Lauer.

21.08.10

Meine strahlende, frisch verliebte Mutter

20.08.10

Abends in der Wohnung herumtigern

01.07.10

Oh my

so I slipped some love dust in your Martini, girl

29.06.10

Glücksrollen


Ich verbringe die Tage mit Unterrichten, Kochen und im Garten. Es gibt so viel zu tun. Koche Stachelbeeren zu Gelee, setze Holunderwein an, ernte die Erdbeeren im Garten und mache Erdbeereis daraus. Ernte Hornveilchen und setze Veilchenessig an.
Ich gehe früh ins Bett. Kann aber nicht einschlafen. Ich könnte noch so viel tun. Der alte Martin hat mir einen Eimer voll Johannisbeeren überlassen. Die müssen auch noch verwertet werden. Erhebe mich wieder und gehe in die Küche. Koche die Johannisbeeren in einem grossen Messingtopf auf. Setze einen Hocker verkehrtrum auf den Küchentisch und binde ein Tuch an den vier Beinen fest. Stelle eine grosse Schüssel darunter. Schütte die heissen Beeren in das Tuch und beobachte, wie der Saft durch das Tuch in die Schüssel rinnt. Dann lege ich mich schlafen.
In aller Frühe erwache ich, unruhig, weil ich das Johannisbeergelee kochen und noch vor dem Mittag vietnamesische Frühlingsrollen machen möchte. Mit Houttuynia, diesem vietnamesischen Koriander, der im Garten so hübsch aussieht, und auch vorzüglich in Frühlingsrollen passt. Leider besteht seine geheime Mission darin, im Untergrund den gesamten Garten zu erobern. Seine Nachbarn Mädesüss und Borretsch beschweren sich schon. Dabei gibt Houttunynia immer den Anschein, mit allen gut auszukommen.
Nach der zehnten Frühlingsrolle habe ich es raus mit dem Rollen, gebe mal mehr Glasnudeln, mal weniger Sprossen hinein und packe alle zwanzig Frühlingsrollen mit zur Arbeit ein. Meine Arbeitskolleginnen müssen sie probieren. Die perfekte Frühlingsrolle kommt in mein Kochbuch.
Nach der Arbeit gehe ich in den Garten und jäte Beet für Beet durch. Jeden Tag ein Stückchen weiter. Nach zwei Wochen bin ich am anderen Ende des Gartens angelangt und beginne wieder von vorne.

24.06.10

Endlich Licht und Luft, rufen meine Füsse, und klatschen vor Freude in die Hände.

21.06.10

Velohelm, oder wie trainiert man Spiessigkeit

Heute Morgen fahre ich in die Stadt, nur um einen Velohelm zu kaufen.
Komme mit einem Stabmixer nach Hause.

Was Sie nicht wissen, ist, dass ich seit Jahren versuche einen Velohelm zu kaufen. Und jedes Mal komme ich mit einem anderen Gegenstand nach Hause.
Ich habe es ernsthaft und oft versucht: Habe in Sportgeschäften Velohelme aufgesetzt und mich beraten lassen. Ich habe alle Spiegel gemieden. Nicht auf den Preis geschaut. Und doch schaffte ich es nie. Es war jedes Mal ein Schock. Dann kam Panik. Flucht. Inzwischen traue ich mich schon gar nicht mehr in ein Sportgeschäft. Trotzdem versuche ich es immer wieder. Es kostet mich so viel Überwindung, dass ich mich vorher darauf einstimmen muss. Also gehe ich in irgendein Geschäft zum Trainieren. BHs oder Staubsauger, Diktiergeräte oder Nagellack, wenn man etwas braucht, dann kauft man es. Brauche ich einen Velohelm? Ja. Bei meinem nächsten Velounfall falle ich bestimmt auf den Kopf. Ich hatte bisher immer Glück. Aber ich will keinen Velohelm tragen. Ich sehe damit bescheuert aus. Und nicht nur das. Es ist nicht mein Stil. Ich hasse Velohelme. Ich bleibe bei den Stabmixern stehen. Ich brauche auch schon lange einen Stabmixer. Wenn ich mir einen Stabmixer kaufen kann, dann schaffe ich das auch mit einem Velohelm, sage ich mir, und schreite mit dem Übungsgegenstand an die Kasse.
"Da haben Sie ja den Rolls Royce unter den Stabmixern ausgesucht“, sagt die Verkäuferin und zwinkert mir zu.
Ich zahle und fahre mit meinem Rolls Royce nach Hause.

18.06.10

Männer, die Bier aus der Dose trinken.

Männer, die Bier aus dem Glas trinken.

Männer, die Bier aus der Flasche trinken.

Frauen, die Männer dabei beobachten, wie sie Bier trinken. 

16.06.10

Selbstbildnis als indefiniter Artikel im Plural.

15.06.10

Lebewohl

Nun stand der Taugenichts vor einem Rätsel. Das Rätsel hieß Christine und war ein Mädchen.
"Ich liebe dich", sagte der Friedrich zu der Christine.
"Haha", lachte das Mä
dchen, "das kann jeder sagen!"
"Ach", rief der Taugenichts, "wenn du mich nicht verstehst, dann wird es eben jeder sagen!" Und er sagte zu ihr: "Lebewohl!" 
(Günter Bruno Fuchs)

Die Nacht des Erbrechens.

Eine schlaflose Nacht beschreiben.

08.06.10

Liebe

Vorstellungen funktionieren im Leben fast nie.
Und es ist eine der vermutlich schwierigsten Aufgaben im Leben, von den Vorstellungen abzuweichen.
Mit den Männern meiner Vorstellung kann ich nicht leben. Ich kann mein ganzes Leben daran festhalten, es immer wieder versuchen und immer wieder feststellen, dass ich diese Männer gar nicht aushalte. Keinen Tag.
So ist es auch mit der Vorstellung von einem Leben, das man leben möchte, zum Beispiel von einem Haus auf dem Land, mit einem Mann, einem Garten, einem Hund und einem Truthahn. Man stellt sich ein unbeschwertes Leben vor und hat nur Arbeit am Hals.
Oder die Vorstellungen in jungen Jahren, von einem Leben in Hausgemeinschaften, alles zu teilen, zusammen ein Geschäft zu gründen, es funktionierte alles nicht. Man muss die Dinge selber machen.
Das einzige, was funktioniert, ist Liebe.
Auf der anderen Ebene der Vorstellungen.

06.06.10

Regenerationen

Ferien und keinen Plan

***
Ich fahre an den Doubs. Der Doubs ist ein Fluss an der französischen Grenze. Zeitweise fliesst er in einer tiefen, wilden Schlucht und man kann tagelang in dieser gottverlassenen Gegend den Fluss entlang wandern. 

***
Als Gymnasiastin hatte ich einen Tag, der mir gehörte. Mein Tag. Es war der dritte Mai. Ich weiss nicht, warum es der dritte Mai war. Aber das ist nebensächlich. Hauptsächlich war es mein Geheimnis. An diesem Tag schwänzte ich die Schule und unternahm etwas für mich. Niemand wusste davon. Niemand wusste, was ich machte oder wo ich war. Ich fuhr meistens an den Doubs. Ich wanderte, picknickte und fuhr gut drei Stunden wieder mit dem Zug zurück nach Zürich. 

*** 

Es regnet. Ich wandere trotzdem los. Nach ein paar Stunden sind die Schuhe nass, die Hose, die Regenjacke, alles ist nass. Ich stapfe weiter und meine Gedanken stapfen auch: Sie streiten mit der Chefin, schreiben ihr Briefe, schreiben immer wieder Kündigungen, diskutieren stapfend und bringen alles auf den Punkt. Dann bin ich erschöpft, durchnässt und treffe auf ein kleines Hotel.Meine Rettung.

***

Bis zum Abendessen in einem Palmen-Strand-Motiv Bett regenerieren. Als hätte die Tochter des Hauses die Bettwäsche ausgesucht.

***

Ein dicker Amerikaner bestellt etwas umständlich Fondue. Er spricht kein Französisch. Die Kellnerin muss zuerst in der Küche nachfragen, ob es auch Fondue für nur eine Person gibt. Gibt es.
Ich bestelle Forelle Blau, dazu wird Buttersauce und eine Kartoffel serviert. Weisswein.

***

Der Weg am Fluss. Den Blick auf meine Schritte gerichtet. Die Gedanken bei mir.
Wer bin ich. Wer war ich.
Lauter Erinnerungen.
Gehen und erinnern. Hier und da anhalten und gucken.
Fliegenfischer stehen mit ihren schenkelhohen Gummistiefeln im Wasser. Ich könnte ihnen stundenlang zusehen. Pêche a la mouche.
Später ein Wanderfalke.
Weitergehen und nachdenken.

***

Das kleine Hotel an der Grenzbrücke.

***

Das Hotelbett zerwühlen. Den anspruchsvollen beanspruchten Körper bis zum Abendessen regenerieren.

***

Zwei Forellen und eine Kartoffel. Bier. Danach Rotwein.

***


Vom dritten Tag an bin ich endlich eingelaufen. Jetzt laufe ich. Zügig und leichtfüssig. Sicher.  Acht Stunden. Ich weiss nicht, wie es Ihnen in so Situationen geht, aber wenn ich den Alltagsstress hinter mir gelassen habe, über mich und das Leben nachgedacht habe und mich ausreichend erinnert habe, dann gibt es nur noch Wahrnehmen. Nur noch Lauschen. Nichts als Vogelgesang.
Wenn Zwitschern auf einmal einen weiten Raum bildet.  Architektur des Vogelgesangs.
Oder das Rauschen des Wassers. Wenn der Fluss zum Begleiter wird.
Nur noch riechen. Blüten, Düfte und würzige Luft. Den Schatten riechen. Die Kälte. Die Dunkelheit der Schlucht riechen.

***

 
Stehen bleiben, besessen vom genau diesem feuchten, moosigen Geruch. 

***

Alles ist mit Moos bedeckt, die Bäume sind in Moos gewickelt, in saftig, leuchtendes Grün getaucht, ein unheimlicher Wald, geisterhaft.

***


Lege mich ins Moos. Es ist feucht. Weich. Duftend. Wenn jetzt der dicke Amerikaner vorbei käme würde ich ihn ohne Vorwarnung zu mir runter ins Moos ziehen.

***

Ach ja, der dicke Amerikaner. Warum ausgerechnet der. Er sah etwas spiessig aus. Fantasien sind sonderbar. Sie ankern sich irgendetwas Reales und die Imagination führt es durch alle denkbaren Variationen. Eigentlich fast jede Person, die mir begegnet ist, wurde für früher oder später geankert. Und in der Phantasie kann auch etwas Unattraktives wie ein dicker Amerikaner auf einmal reizvoll sein. Wenn ich mir Sex mit dem biederen innerschweizer Paar vorstelle, das am anderen Tisch sass und Saftschinken bestellte... Nein, das führt jetzt zu weit.
Ich weiss nicht, wie es Ihnen dabei geht, aber wenn ich beim Wandern sozusagen das Wahrnehmungs-Level erreicht habe, und acht Stunden lang nur laufe, laufe und laufe, dann denke ich acht Stunden lang nur an Sex. Wenn der dicke Amerikaner wüsste, dass ich ihn an dem Tag vier Mal verführt habe. Meine Fantasie ankerte sich auf einmal die Situation im Hotel, wie ich ihn anspreche, kokett, was ich sage, was er sagt, Wort für Wort, seine Verlegenheit, er ist gar nicht Amerikaner, sondern Finne, so sexy, und wir tête à tête Fondue essen,  mit den Variationen: Wir gehen in sein Zimmer - er ist steinreich und hat die Deluxe Suite, mit Champagnerbad und Seidenbett - nächste Variation, wir gehen in mein Zimmer - das Licht bleibt aus, wegen der Palmenstrand Bettwäsche, es ist stockdunkel und er leckt mich bis ich drei Mal komme.  Später muss meine Fantasie sich unbedingt noch die zufällige Begegnung im moosigen Wald ausdenken, auch in zwei Vernaschungsvarianten.
Die Fantasien sind so schön, dass ich sie gleich noch ein paar Mal mit weiteren zufälligen Begegnungen halluziniere. 

***

Das Hotel in der Moosschlucht. Ein rothaariger, junger Mann empfängt mich träge. Er kann nicht sagen, ob noch ein Zimmer frei ist. Ich sehe nirgends Gäste. Er ist irgendwie ratlos. Habe unwillkürlich das Gefühl, ihn beim Gameboyspielen gestört zu haben. Oder beim Masturbieren. Vielleicht ist das gar kein Hotel mehr, sondern eine Wohngemeinschaft. Würde mich nicht wundern, wenn er mir das frische Bettzeug gleich in die Hand drückt, ich soll mir oben selber ein Zimmer suchen.
Ich setze mich erstmal hin und warte. Er bringt mir ein Leffe.

***

Das wohlverdiente Bier.

***
Warte und lösche aus Versehen all meine Fotos.

***
Später kommen die Eltern des Rothaarigen. Es ist also ein Familienhotel.
Bekomme ein schönes Zimmer. Gebe bis zum Abendessen meinen Körper dem Bett zur Regeneration hin.

***
Ich wähle das Menu du Chef. Natürlich Forelle. Es ist die beste bisher. Vielleicht sogar die beste Forelle meines Lebens. Ich sage es ihm. Er ist geschmeichelt. Er lächelt. Es ist ein schöner Mann. Und er kann vorzüglich kochen. Ich lächle zurück.

29.05.10

Tage, die das Leben verändern

Es war einer dieser Tage. Tage, die schonungslos mit einem umgehen. Tage voller Fallgruben.
In der Agenda war ein Fisch gekritzelt. Mein geheimes Zeichen für Periode. Nic sagt Periode. Ich mag, wenn sie es sagt. Es klingt ein bisschen altmodisch. Ich sage Mens. Ich sollte an diesem Tag also meine Periode bekommen, was immer ein Grund zum Jubeln ist. 
Ich unterrichtete vormittags. In der Mittagspause kam meine Mens. Festgestellt, dass der erste Tag auch nicht besser als die Tage zuvor war. Nachmittags unterrichtete ich eine andere Gruppe. Mitten im Unterricht kam der Ehemann einer Kursteilnehmerin zu Besuch, setzte sich in die Klasse hinein. Er war stark alkoholisiert. Ich bat ihn, nach Hause zu gehen. Er wollte bleiben. Ich ging mit ihm vor die Tür und sprach mit ihm. Ich hasse meine Funktion als Lehrerin manchmal. Er war ein netter Kerl, leider sehr betrunken. Ich musste ihn überzeugen, dass er wieder ging. Er wurde ausfällig. Beschimpfte mich. Er reklamierte laut, breit und schwankend. Er jammerte. Er beleidigte. Es war enorm anstrengend. Ich blieb ruhig. Überzeugte ihn einfach. Er ging.
Nach dem Unterricht wollte meine Chefin mich noch sprechen. Ich sehe sie sozusagen nie. Ich war erschöpft und neugierig. Und pauschal empfänglich für ein kleines Lob. Stattdessen schrie sie mich an. Ich schrie zurück. Ich wollte nicht schreien. Aber sie war ungerecht.
Ich bekam eine Abmahnung.
Meine Freundin Lou sagt, ich hätte das Monatshoroskop lesen sollen. Dort steht, dass mich irgendeine Planetenkonstellation streitsüchtig macht und ich mich diplomatisch verhalten sollte.
Ich hätte auf der Stelle kündigen sollen.
Inzwischen haben wir uns ausgesprochen und versöhnt. Die Abmahnung war ein Fehler und wird zurückgezogen. Natürlich will sie mich behalten.
Der Gedanke einfach zu kündigen macht mich zuweilen froh. Ich hätte grosse Lust auf eine Veränderung. Veränderungen machen mich lebendig. Sie machen mir auch ein bisschen Angst.
Ich werde jetzt erstmal Ferien machen. Zwei Wochen. Die Planeten bewegen sich ja auch.

28.05.10

Eine Wegwarte wächst im Garten. Ein seltenes Glück. Die Nachbarin denkt, es sei Unkraut, und jätet sie weg.

***

Die Feuerstelle

***

Die Sitzung mit Minimars und Minitwix und Minimilkyways

***

Die erste Holunderblüte

***

Der Zahnarzt, der über meinen aufgesperrten Mund hinweg mit der Assistentin Belanglosigkeiten austauscht.

***

Laster

27.05.10

Eine schlaflose Nacht beschreiben.
Ein Wort aufschreiben. Nur ein Wort. Immerhin ein Wort.
Mille Plateaux

09.04.10

Eh, der Frühling.

Ich bin zu sehr mit meinem Kram beschäftigt um zu schreiben. Gerade habe ich eine Darmgrippe überstanden. Ich lag zwei Tage harrend im Bett. Wagte nicht mich zu bewegen. Die kleinste Bewegung - ohjemineh.  Also wartete ich regungslos und tapfer, bis das ganze Übel vorüber war. Ich starrte an die Decke oder hielt die Augen geschlossen. Darüber hinaus sammelte ich keine Eindrücke, keine Gedanken. Die Zeit blieb stehen und der Schlaf war traumlos.
Heute geht es mir besser.
Als erstes saugte ich die alten Spinnennetzfäden von den Zimmerecken. Dann hängte ich zwei Bilder von der Schlafzimmerwand ab. 

Eben habe ich mir eine feine, klare Brühe gekocht und kleingehackte Gänseblümchen beigegeben. Eine Gänseblümchensuppe. Mit gerösteten Brotstückchen. Genau das Richtige für meinen Magen.


Ich habe die letzten Wochen viel gearbeitet. Aber auch viel verdient. Vielleicht bin ich krank geworden, weil ich mich überarbeitet habe. Ich muss wirklich lernen, besser auf mich zu achten.

***

Über Ostern war ich bei meiner Mutter für den Umzug packen helfen. Sie hat ihr Haus verkauft und zieht in eine Wohnung. Wir haben das ganze Haus in Schachteln verpackt. Natürlich mussten wir das meiste weggeben, so ein Haus hat ja kaum Platz in einer kleinen Wohnung.
Ich bekomme auch ein paar Sachen. Die Papierschneidemaschine von meinem Vater zum Beispiel. Die Motorsäge, samt Schutzanzug, Helm und Kettenöl. Und einen kleinen Hocker, den meine Mutter in jungen Jahren mit einem selbst gemachten Plüschkissen bezogen hatte. Sie erzählte mir auch die Geschichte zu dem Hocker, die mit einem Verehrer zu tun hatte. Es war ein freundlicher, junger Mann, der ihr mit schüchterner Aufrichtigkeit den Hof machte, aber meine Mutter hatte sich eigentlich in seinen Bruder verliebt, der leider schon eine Freundin hatte. Die Rolle des Hockers in der Geschichte ist mir leider entgangen. Es war eine traurige und schöne Geschichte. Voller unerfüllter Sehnsucht.

***

Inzwischen ist hier der Frühling eingezogen, die Sonne wärmt, die Menschen sind bereit. Die Natur ist erregt. Die Blicke der Männer sind es auch. Eh, der Frühling.
Ich bin guten Mutes.

***

Lese jeden Tag ein paar Seiten in dicken, uralten Kräuterbüchern, die leider auf Englisch geschrieben sind, und darum komme ich nur langsam voran. Schreibe hier und da etwas heraus. Freue mich auf all die Rezepte, die ich noch ausprobieren werde.
Als nächstes werde ich Veilchen verzuckern. Habe jetzt ein altes, noch besseres Rezept gefunden.

***

Und morgen werde ich mit Nic einen Spaziergang in den Bergen unternehmen.

25.03.10

Der erste Veilchensalat dieses Jahr

Liebesduft

Die Luft ist belebt von Veilchenduft. Noch bevor man die Veilchen entdeckt, nimmt man bereits ihren Duft wahr. Veilchengeruch ist leidenschaftlich. Ursprung aller Düfte. Denkt man an ihn, meint man ihn schon zu riechen. Er dringt zum Herzen. Er erweckt Erinnerungen an Melodien, Träume und die erste Liebe.
Die Veilchen duften so stark und süss, weil sie so begeistert und erregt vom Frühling sind, dass sie die ganze Welt an ihrem Glück teilhaben lassen. Sie verschwenden sich aus Leidenschaft.

24.03.10

Mittagspause

Die Maler auf der Parkbank mit weissen Farbflecken auf ihren weissen Latzhosen. Als ich vorbeiradle, riecht es nach frisch gekifft.

23.03.10

Bikini intensiv mit weiblichem Dreieck

Es heisse Bikini intensiv, belehrt mich die Kosmetikerin und fragt, ob ich Bikini intensiv total wünsche.
"Nein, nur intensiv", sage ich.
"Strip oder triangle?"
"Ein Dreieck wäre schön."
"Kleines?"
"Nein, so normal."
"Ein weibliches Dreieck also."

22.03.10

Ein gewöhnlicher Alptraum

Ich halte einen Vortrag. Er wird gleichzeitig in 10 Sprachen übersetzt. Alle Augen sind auf mich gerichtet. Ich habe schlecht geschlafen, aber zum Glück alles aufgeschrieben, was ich erzählen werde. Suche meine Unterlagen in der Handtasche.  Habe sie zu Hause vergessen.
Leider wache ich nicht auf.

16.03.10

Fleissige Stunden im Garten

15.03.10

Telefonieren

So sitzen wir uns an den Monitoren gegenüber, wie alte, steinerne Buddhas.
Mit der Gewissheit all der gelebten Leben in uns.
Erzählen uns
und schauen einander zu, wie wir uns Mühe geben, mit dem guten Leben.

09.03.10

Das dritte Ster Holz diesen Winter

Die schlotternden Berufsschülerinnen an der Haltestelle
Die gebackenen Endivien im Schinkenmantel

Der Spaziergang im Wald

Der Tagesschau-Besuch bei der alten Nachbarin

Die Bettlektüre

07.03.10

Verschwendete Liebe

Lese Sibylle und die Feldblumen. 1937. Von Friedrich Schnack. Seltsamerweise kann ich die Frakturschrift nur lesen, wenn ich vorlese. Beim stillen Lesen komme ich fast nicht voran. Ich stolpere immer über das S, ck und das T. Wenn ich laut lese, trägt mich meine Stimme einfach über die Stolpersteine hinweg.
Lese mir also das Buch vor. Dieses Buch eignet sich vorzüglich zum Vorlesen. Von all den Büchern, die ich gelesen habe, gab es nur zwei Bücher, die sich zum Vorlesen wirklich eigneten. Das Andere ist von Ferlosio, die Abenteuer des Alfanhui.
Sich selber vorlesen ist aber wie alleine Tango tanzen. Oder unbeobachtet Strümpfe ausziehen. Es ist ein bisschen traurig.

03.03.10

Wort und Fleisch

Heute habe ich eine Mail bekommen von meinem ehemaligen Lehrling. Er nennt mich noch immer Stella. Als ich in Deutschland lebte, nannte ich mich Stella. Weil ich guter Laune war und alles verändern wollte. Neuer Ort, neues Leben, neuer Name. Ich suchte einen passenden Familiennamen und kam auf Sturzbach. Stella Sturzbach. Was ich nicht im Geringsten peinlich fand. Herrje. Ich stellte mich überall mit Stella vor, es kannte mich ja niemand. Sogar meinen Briefkasten schrieb ich mit Stella an. Meine Lehrlinge und die Zivis nannten mich Stella, und über die Tankstellenfrau breitete sich der Name wie ein Fegefeuer im Dorf und in der Umgebung aus.
Nach ein paar Monaten war mir der blöde Namen so verleidet, dass ich jedes Mal einen Stich verspürte, wenn ich mit Stella angesprochen wurde. Ich vermisste meinen Namen. Ich verstand auf einmal, warum am Anfang das Wort war, das Fleisch ward. Stella war nicht mein Fleisch. Ich wollte wieder Minka heissen. Eines Tages sagte ich: Leute, ich bin gar nicht Stella Sturzbach sondern Minka. Nennt mich von nun an Minka. Es klappte nicht. Ich hiess Stella. Himmel.

01.03.10

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 4: Hieb- und stichfest – Knistern

Tuxedomoon und Yann Tiersen. Trost.

26.02.10

Zwiegespräche

"Wer ist Minka?", fragt eine neue Kollegin im Lehrerzimmer.
"Die, die gerade mit dem Kopierer redet", sagt die Praktikantin und kichert.
Meine Arbeitskolleginnen finden das lustig. Ich bin so. Es ist eine alte Gewohnheit. Ich spreche mit Dingen. Der neue Kopierer ist mein bester Freund am Arbeitsplatz. Er kann enorm viel und ist zuverlässig. Nur die Schneidemaschine hat mich neulich so geärgert, dass ich sie nie mehr anfasse. Wir haben richtig gestritten. Ich habe geflucht und sie hat immer krummer zurückgeschnitten.
"Du hast nichts dagegen, wenn ich deine Ex brauche", fragt mich eine Kollegin, und legt Papier in die Schneidemaschine.
Ich mag meine Arbeitskolleginnen. Langsam verstehen sie mich.

25.02.10

Frühlingsgesang

Der kreolische Junge im Tram singt zehn Minuten lang pausenlos: Isch liebe disch, ischliebe disch ischliebe dischisch liebe dischischliebe dischischliebedisch, während seine Mutter telefoniert. Als sie das Handy zusammenklappt singt er: Isch lieb’ den Frühling, isch lieb’ den Sonnenschein, aber weiter weiss er nicht. Darum verfällt er übergangslos und weitere zehn Minuten in seinen repetitiven, hochgradig tranceartigen ich-liebe-dich Schamanengesang.

24.02.10

Domino

Habe ich Ihnen schon meinen Osteopathen vorgestellt? Keine Sorge, es wird keinen Osteopathenroman mit Folgen geben. Mein Osteopath ist ein schöner, stattlicher junger Mann italienischer Herkunft, mit blonden, langen Haaren und blauen Augen. In seinem Namen sind vier Cs. Das finde ich das beste. Ich gehe einmal im Monat zu ihm wegen meiner Problemzone: Mein rechtes Knie. Er behandelt meinen Nacken, meine Hüften, mein Zwerchfell und meinen Körper insgesamt, meine Haltung und meine Schultern, alles, ausser mein Knie. Er sagt, das Knie ist schon lange wieder gesund. Nur mein Körper hat das noch nicht begriffen. Jetzt muss er alles wieder justieren. Feinstimmen. Ab und zu drückt er mich komplett durch, nimmt mich wie ein Ganzkörperpaket zu sich, dicht an seine Brunst, legt sein Gewicht auf mich, rollt mich auf der Liege mit seinem Ganzkörpergriff einmal durch und alle Knochen knacken, jeder einzelne Rückenwirbel, wie eine Kette von umkippenden Dominosteinen. Er ist mein Held!

21.02.10

Blut: Arztroman letzte Folge

Lassen wir es dabei bewenden, schreibe ich dem Arzt. Nur dies, und mit freundlichen Grüssen. Auf kurz und bündige Art, weil Bedenken und Begründungen auch nicht weiterhelfen.
Am nächsten Morgen wache ich in einer Blutlache auf. Und ich bin froh, dass ich keine langen Erklärungen geschrieben hatte. Es gibt nämlich nur eine Plausible: PMS. Aber das konnte ich ja nicht ahnen. Meine Tage kommen diesmal unerwartet früh. Und immer ausgerechnet dann auch viel zu stark. Eine Regel meiner Regel. Der Überraschungseffekt und die Sauerei sind alte Blutsgeschwister. Ich ziehe das Leintuch ab und weiche es in kaltes Wasser ein. Wasche mich. Ziehe das Bett frisch an und lege mich wieder hin. Denke an den Arzt und insgesamt an Blut. Ein Lied fällt mir ein, ich war damals 14 und durfte mit meinem grossen Bruder in den Übungskeller gehen, seine Band spielte Punkrock, er war 18 und ich bewunderte ihn wie einen Halbgott. Er spielte Gitarre und sang, ich erinnere mich nur noch an den Refrain: Blut fliesst - bei der Geburt, Blut fliesst - beim ersten  Beischlaf, Blut fliesst - beim Verrecken. Es musste verrecken heissen, weil es 1980 war, Zürich, autonomes Jugendzentrum, Opernhauskrawalle, und junge Wut spuckt grosse Wörter aus. Mein Bruder hatte ein schweres Schicksal mit vier kleinen Schwestern. Wir liessen ihn nie mitspielen aber machten ihm jeden Unfug nach. Er war unser grosses Vorbild. Ich wusste nicht, was Beischlaf genau bedeutete. Es hatte sicher etwas mit Sex zu tun. Alle Wörter, die ich verdächtig fand, hatten mit Sex zu tun. Er sang von Blut und ich traute mich noch nicht einmal an schlimme Wörter zu denken. Blut war schlimm. Blut, Blut, Blut, dachte ich mutig. Seit ein paar Monaten bekam ich meine Blutungen und schämte mich dafür. Ich war verwirrt und bemüht, es mir nicht anmerken zu lassen. Warum fällt mir das alles ein? Ach ja, mein grosser Bruder vergass das Menstruationsblut in seinem Lied, welches bei unbegründet bewendeten Beziehungen fliesst.
Ich habe Durst. Gehe in die Küche und setze Teewasser auf. Presse eine Zitronen aus und lege zwei Teebeutel Hagebutten in den Teekrug. Nehme die Flasche Holundersirup aus dem Kühlschrank zum Süssen, da rutscht sie mir aus der Hand. Fällt auf den Küchenboden, der, passend zu diesem Komplott, ein Steinboden ist.  Die Flasche zersplittert und der rote Saft breitet sich aus, rinnt in die alten Steinfugen und läuft unter den Kühlschrank. Eine weitere Blutlache, aus Sirup. Alles ist voller Scherben. Ich wische vorsichtig auf und lege mich wieder ins Bett. Heute wollte er mit mir einen Spaziergang unternehmen. Zum Glück habe ich es dabei bewenden lassen.

17.02.10

Schinkenpalatschinken

12.02.10

Ach!

Damals, als er beim letzten Glas an sie dachte – ihren aufrechten Gang, den Schwung ihrer Hüften, den süssen, geilen Arsch, den sie hatte, und wie weich sich ihre Lippen anfühlten - und er dann draussen auf der Strasse an ihre kleine, nasse Zunge dachte und auf der Stelle anhalten musste, bei dem Geschmack, der in seinem Mund zusammenlief - diese herbe Beere, voller Saft - und er ganz verloren auf der leeren Strasse da stand, halb ertrunken in ihren Reizen, und er nicht mehr an sie denken wollte, und es doch wollte, und dieses reissende Gefühl in der Brust nicht loswerden konnte, das ihn gleichzeitig aushöhlte und ausfüllte.

10.02.10

Titel

Oberrheinisches Kochbuch zum Nutzen und Vergnügen für junge Hausmütter und Töchter, die in der Kunst zu kochen und einzumachen einige Geschiklichkeit erlangen wollen : Nebst einem Anhang von Speisen für Kranke
Müllhausen : Rissler, 1815


Neu-Vermehrtes Bernisches Koch-Buch, darinnen Anweisung gegeben wird, mehr als Vierhundert Speisen nach jetzigem Gebrauch wohl zu appretieren, zu kochen, beizen, braten und zu backen; wie auch Pasteten, Tartes, Dessert, Cremes, Früchte en Confitures und Glaces zu verfertigen
[Bern] : Hallersche Buchdruckerei, 1796

07.02.10

Verbergen

  
Schneewanderung im Nebel. Alles ist weiss,

 

weiss, weiss, weiss.

  

Mittagessen im Panoramarestaurant. Leider ohne Panorama. Eine währschafte Walliser Rösti, mit Käse überbacken und Spiegelei. Danach Kaffee und ein Aprikosenschnaps. Hach ein Genuss. 




Kurzer Lichtblick am späten Nachmittag. Und den ganzen Tag keine Menschenseele. Wunderbar.

06.02.10

Arztroman 7

Er findet eine reine Fotokorrespondenz nur bedingt hilfreich um sich kennen zu lernen. Er schlägt einen kleinen Spaziergang vor, demnächst.

Im Keller meines Herzens spielen Panik und Freude Ping Pong.

03.02.10

Mein Kochbuch

Nicht alle Zufälle sind Zeichen.

Die alte Frau neben mir im Tram, die sich lebhaft für das Kochbuch interessierte, das ich am Durchblättern war.
"Ein schönes Album haben Sie da gemacht", sagte sie, "das war bestimmt viel Arbeit. Eine gute Schriftwahl. Das haben Sie wirklich sehr gut gemacht. Schöne Farben, guter Druck", lobte sie. "Haben Sie es in Bern drucken lassen? Ich verstehe etwas davon, wissen Sie."
"Ich habe es nicht gemacht", erwiderte ich. "Ich habe es vorhin in der Bibliothek ausgeliehen. Es ist leider vergriffen."
"Das schönste Buch, das ich seit Langem gesehen habe", sagte sie und deutete auf die Bilder: "Wunderbare Farben. Sie können ruhig stolz auf sich sein. Eine gute Arbeit haben Sie da geleistet".
Ich sprach lauter, vielleicht war sie schwerhörig: "Es ist nicht von mir."
"Aber Sie haben doch die Gerichte selber zubereitet, nicht wahr? Das sieht ja so köstlich aus. Sie sind wirklich sehr talentiert."
Ich sah sie an und lächelte.
Alle Fahrgäste um uns herum lächelten verständnisvoll.
Sie tätschelte meinen Arm und wiederholte: "Sie können ruhig ein wenig stolz auf sich sein."

Es war ein Zeichen: Ich muss endlich mein Kochbuch schreiben.

02.02.10

Reinlichkeit und Güte

Zwei Dinge, sagt meine Mutter, sind im Alter essenziell: Reinlichkeit und Güte.

01.02.10

Arztroman 6

Der Arzt schreibt schöne Briefe. Unsere Korrespondenz ähnelt bis jetzt einem höflichen Vorstellungsgespräch für eine Stelle, die zwar vielversprechend aber illusionär ist.

"Ich mag nicht hin und her schreiben", sage ich zu Nic, die sich nach dem neusten Stand ihrer Einfädelung erkundigt. Wir sitzen im Kornhauskeller, der schönsten Bar Berns, und trinken Rotwein. "Warum nicht? Das ist doch sicher spannend", sagt sie.
"Schreiben ist so verfänglich", sage ich nachdenklich. "Dann verliebe ich mich vielleicht in seine Worte und nicht in ihn. Ich habe bereits vergessen, wie er aussieht".
Nic überlegt: "Sag ihm, er soll dir ein Foto schicken".
"Wir können uns so nicht kennen lernen", sage ich. "Er hat schon jetzt ein ganz falsches Bild von mir. Er schreibt, dass er meine wilde Art ungewöhnlich aber reizvoll findet".
"Deine wilde Art?"
"Ich habe den Eindruck, dass er mich für eine Sportskanone und Naturfanatikerin hält".
"Eine Sportskanone?"
"Auf dem Foto, das ich ihm geschickt habe, sieht man meine muskulösen Arme."
"Aber das passt doch. Er ist auch sehr sportlich", sagt sie.
"Ich habe noch nie Sport getrieben, Nic. Ich weiss nicht, wie man Sport treibt. Ich habe Muskeln, weil ich mein halbes Leben lang zentnerschwere Lämmer herumgewuchtet habe. Und ich mag keine sportlichen Männer."
"Aber er schreibt schön", sagt sie, den Stil ihres Glases zwischen Daumen und Zeigefinger drehend, als würde sie ihr Argument festschrauben wollen.
"Ich sehe zwei Möglichkeiten", sage ich: "Entweder wir schreiben uns nur, aber dann will ich ihn lieber nie treffen. Oder wir sehen uns sofort und lassen die Schreiberei".
"Ich habe eine bessere Idee", strahlt Nic: "Ihr schickt euch nur Fotos ohne zu schreiben. Ihr schickt euch Bilder hin und her ohne Worte. Zum Beispiel jetzt könntest du ein Foto machen, wie du in der schönsten Bar der Welt sitzt. So müsst ihr euch nicht schreiben, aber ihr lernt euch trotzdem kennen".
"Das würde er sicher nur wieder ungewöhnlich aber reizvoll finden", sage ich.

31.01.10

sounds and silence

Auto verkauft

Der Libanesische Autohändler, der mich auf eisglatten Strassen zurück nach Hause fuhr. Er kramte meinen Fahrzeugausweis aus seiner Hosentasche und steckte ihn in den Lüftungsspalt um ihn nicht zu verlieren. Und wie er nervös am Autoradio herumdrehte und zeitweise gleichzeitig auf zwei Handys telefonierte, auf dem einen arabisch, auf dem anderen französisch, mir nebenbei seinen Tag erzählte, dass er mit einer Ladung Exportautos nach Antwerpen fahren wollte und am Zoll aufgehalten wurde. Dass er schikaniert wurde und wütend wurde, dem Zöllner "fuchtle nicht mit deinen Fingern vor meinem Gesicht herum" sagte. Und trotzdem mit der ganzen Ladung umkehren musste.

28.01.10

Ei ohne Schale

Ich besuche meine Mutter. Sie ist in das Alter gekommen, in dem ein elegantes Hosenkostüm wieder vorteilhaft aussieht. Sie pflegt sich sehr, seit mein Vater gestorben ist, weil er ihr auf dem Sterbebett gesagt hatte, sie solle nicht eingehen vor Kummer, sondern gut auf sich achten.
Als er gestorben war, brüllte sie tagelang so laut sie konnte, um sicher zu sein, dass sie noch lebte und nicht vor Kummer eingegangen war. Sie fetze den Lack von den Wänden, bis die Wundheit des Raumes ihrer eigenen entsprach. Dann verschloss sie sich den Gedanken an ihren Verlust, indem sie sich beschäftigt hielt. Sie ging die Sachen ihres Mannes durch, gab die Kleidungsstücke weg, die Bücher im Arbeitszimmer, das Klavier, auf dem er immer spielte, das Ehebett, auf dem sie nicht mehr schlafen konnte, sie sortierte, packte, warf weg und weinte. Sie war ständig in Bewegung und das gab ihr viel Kraft.
Jetzt wirkt sie erschöpft. Aber es gibt noch immer so viel zu tun. Am Nachmittag kommen Gäste, die übernachten und frühstücken wollen, der Braten für den Abend muss mariniert werden, ein Pflaumenkuchen muss noch vor dem Mittagessen in den Backofen und die Bettenwäsche muss gebügelt werden, und währenddessen soll der Brotteig für das Frühstück aufgehen. Sie wuchtet einen Wassertopf auf den Herd für die Spätzle und legt mir das Kuchenrezept auf den Tisch. "Mach du das bitte", sagt sie. Einen französischen Pflaumenkuchen, mit Mandeln und einer Johannisbeergelee Glasur. Ich setze erstmal Teewasser auf, und während ich die Zutaten in der Küche zusammen suche, Mehl, Eier, Zucker, Mandeln und Butter vermenge, klopft sie schon ihren Spätzleteig. Als unsere Teige ruhen, begeben wir uns ins Wohnzimmer und trinken Tee.
Sie erzählt mir, wie das Alter sie dünnhäutig macht, dass sie nichts mehr erträgt, keine Einsamkeit, keine Kritik und schon gar keine falschen Höflichkeiten. "Ich fühle mich wie ein Ei ohne Schale", sagt sie. Sie schweigt und ich spüre, dass sie immer noch sehr trauert.
"Es gibt Leute, die sagen: Oh, ich geniesse das Alleinsein. Aber ich kann das nicht sagen. Ich komme damit klar, das schon, aber es ist kein Genuss", sagt sie.
Sie trinkt mit kleinen Schlucken die Tasse aus und erhebt sich.
"Ich fühle mich unsicher. Alles wird mir zu viel, das grosse Haus und all die Gegenstände, die mich ständig an ihn erinnern, meine grossen Ideen, was ich noch alles machen könnte, ohne recht zu wissen wie. Ich merke, wie ich mich verändere und meine Kraft nachlässt, und dass ich auf meine Freunde angewiesen bin, die mich unterstützen. Und jetzt sterben auch die, einer nach dem anderen".
Sie bindet ihre Küchenschürze um und schaut, ob das Spätzlewasser schon kocht.
"Man entwickelt im Alter nicht neue Wesenszüge", sagt sie und sucht ihr Küchenmesser. "Man wird so, wie man im Ansatz schon immer war: Empfindlich. Stolz. Eigensinnig. All die schlechten Wesenszüge entfalten sich im Alter".
Sie schärft das Messer blitzschnell und prüft vorsichtig das Ergebnis mit ihrer Daumenkuppe.
"Ach Kind", sagt sie,  "ich habe Angst".
"Wovor?", frage ich.
"Vor mir selber", antwortet sie.

20.01.10

Mittagsschläfchen

Dieses eigentümliche Aufwachen nach dem Mittagsschlaf.

Im Zimthimmel

Zimt eignet sich ja auch insbesondere und hervorragend um den manchmal etwas hammeligen Geschmack von Lammfleisch aufzuheben. Die Lammkoteletts beim Anbraten also unbedingt gleich von Anfang an mit Zimt bestreuen. Gäste, die Lammfleisch nicht mögen, aus Gründen oder wegen des strengen Geschmacks, werden aus Schwärmerei auch noch den letzten abgenagten Resten Fleisch von den Knochen saugen.
Diesen einfachen aber sehr effektiven Trick habe ich von einem alten, afghanischen Schäfer gelernt.

19.01.10

Prisen

Versuchen Sie einmal den Karotten beim Abschmecken eine Prise Zimt zuzugeben. Wirklich nur eine winzig kleine Prise. Man soll den Zimt beim Essen nicht herausschmecken. Und natürlich wie gewohnt mit Salz, Pfeffer und Estragon, oder welches Kraut auch immer Sie bei Möhren bevorzugen, Petersilie oder Orangenthymian, würzen. Ihre Gäste werden begeistert sein, das Möhrengemüse loben und nie dahinter kommen, was Ihr Geheimnis ist. 

17.01.10

Firmen Apero

Das für mich immer wieder Erstaunliche an Aperos ist ja, dass die Leute fast dankbar sind, wenn sie angesprochen und egal was gefragt werden.
Das Mühsame ist dann, sie wieder los zu werden.
Es gibt vermutlich Standartsätze, wie man solche Gespräche beendet, ohne unhöflich zu sein.
Nicht, dass ich mich nicht gerne in Gespräche vertiefe. Aber ich spürte die Verzweiflung bis in ihr Halt gebendes Sektglas in der Klammerung.
Und ich wollte sie alle kennen lernen:

Die junge Sekretärin, die nach konzentriertem Wollwaschmittel duftete und trotzdem einen schmuddeligen Eindruck machte, wie ein im Putzeimer vergessen gegangener, nasser Wischmopp. Sie hatte einen Ägypter geheiratet und trat auf, als sei dieser Umstand allein kein naiver Zufall, sondern ein Glaubwürdigkeitsbonus in Sachen Antirassismus. Sie hatte keine Ahnung und eine Art, die ich nur als grossmäulig beschreiben könnte.

Die russische Deutsch als Fremdsprache Studentin, deren Lachen an Eiswürfel im Glas erinnerte. Sie hatte schon als Kind begriffen, dass sie nur aus dem Schlamm rauskommt, wenn sie über Leichen steigt. Ihr Lebensmotto ist, immer die Erste zu sein.

Die alte Lehrerin, die alles besser wusste, und keine Spur von Zartheit hatte. Sie brauchte ständig das Wort 'lustvoll'. Wie sie ihren Unterricht lustvoll gestaltete. Sie war so zäh wie eine Dörrpflaume, und ich gönnte ihr nichts so sehr wie Lust.

Die polnische Bereichsleiterin, die mit ihren hohen Stöckelschuhen im Eilzugtempo die Karriereleiter hinaufgestiegen war. Ich habe noch nicht herausbekommen, ob aus nagendem Machthunger oder schlichter Geldgier.

Es waren keine Gespräche, die einer Vertiefung gerecht werden konnten.

16.01.10

Parfait Amour

Frage mich, wie 'Parfait Amour' schmeckt. Dieser Veilchenlikör aus Montpellier mit so einem schönen Namen.

15.01.10

Vormittagsklasse

Wir üben Ratschläge geben.
Die Klasse döst, wie jeden Morgen, erstmal still vor sich hin.
Ich teile Kärtchen mit Problemstichworten aus.
"Nun, ich habe Kopfschmerzen," sage ich, "was kann ich tun?"
"Essen Sie ein Aspirin."
"Gut. Noch eine Idee?"
Stille.
"Nelson, was hast du?"
Er liest sein Kärtchen: "Stress. Ich habe Stress."
"Und?"
Dösende Stille.
"Gebt ihm einen Ratschlag, Leute!"
"Du musst mehr schlafen."
"Geh an die frische Luft spazieren."
Stille.
"Sehr gut. Was hilft auch noch?", frage ich aufmunternd.
Rosalie spricht pragmatisch und ganz ohne zu erröten: "Sex."
Kichern.
"Sex ist auch Stress," sagt Nelson schmunzelnd.
Lachendes Durcheinanderreden.
"Ruhe!"
Olga zeigt auf ihr Kärtchen: "Ich habe Halsschmerzen, aber ich will lieber Stress mit Nelson haben."
Wenigstens ist die Klasse jetzt hellwach.

14.01.10

Wie auch meine Laune von Tag zu Tag bessert.

12.01.10

Es bessert gut

Gestern habe ich den ganzen Tag nur geschlafen und gelesen. Hielt mich mit Zwieback und Tee bei Kräften. Alles andere wollte einfach nicht im Magen bleiben.
Tatsächlich liege ich seit Sonntag wieder flach. Diesmal ist es eine Darmgrippe. Ich mache mir schon gar keine Sorgen mehr darüber, dass ich schon wieder krank bin. Es musste so kommen. Mein Körper hat sich für die einfachste Lösung entschieden.
Auch heute steht auf meinem beneidenswerten Tagesprogramm: Schlafen und Lesen.
Ich lese Louise Erdrich. Gerade bin ich an 'Liebeszauber'. Ich tauche in die Geschichte ein und liege da, halb ertrunken in ihrer schönen und bildhaften Sprache, schlafe ein und kann es im Schlaf schon nicht mehr erwarten, weiter zu lesen.

06.01.10

...




Minka im neuen Jahr. Vom Gefühl her.

04.01.10

Brachliegen

Ab und an gehe ich zu meiner alten Nachbarin gegenüber, erkundige mich nach ihrem Befinden, und dann sitzen wir eine Weile zusammen auf dem Sofa und sehen uns die Tagesschau an. Ich selbst habe noch immer keinen Fernseher. Heute hat sie mir eine Schachtel assortierte Baron Pralinen aus Polen geschenkt, weil ich neulich ihr Telefon reparierte. Sie schmecken leider furchtbar. Wie dubios aromatisierte, braunlackierte Zuckerwürfel.

Ich kann nicht in die Berge fahren, das Wetter ist zu schlecht.
Bin untröstlich!
Muss mir einen feinen Plan ausdenken für die nächsten Tage, damit ich mich nicht hinter den Ofen verkrieche und demoralisiere.

Eintrag

Es gibt keinen Eintrag von Berlin. Habe nichts geschrieben, nicht fotografiert.
Es gab diesmal nur viel Zeit und viele viele Gespräche mit guten Freunden in Mitte, Friedrichshain und Neukölln.
Es gab auch drei hübsche Kleider, zwei Hosen und Stiefeletten, einen Spaziergang im Treptower Park, in Kreuzberg und irgendwo beim Viktoriapark, wo ich mich verlaufen hatte und beim Mehringdamm nach der nächsten U-Bahn Station fragen musste, Weihnachten mit iranischen Filmemachern und österreichischen Kunstsammlern, einen Notfall Zahnarztbesuch an der Berliner Strasse, der mich vierhundert Euro kostete, Nüsse und Süssigkeiten am Schlesischen Tor, Gözleme in der Sonnenallee, jeden Abend Vietnamesich, Sri Lankisch, Libanesisch oder Persisches Essen und fast jeden Abend Kino und Cocktailbars.