23.06.07
15.06.07
Es ist Morgen (Teil2)
„Ich will jetzt nichts hören!“ ruft meine Mitbewohnerin aus der Küche. Es ist Morgen. Ich stehe im Bad vor dem Spiegel.
13.06.07
Sicher ist sicher
Mein Schlüsselanhänger ist futsch. Es war der heilige Christophorus. Der Schutzpatron der Reisenden und Fahrenden. Der ganze Schlüsselbund ist mir beim Fahrradfahren aus der Hosentasche gefallen. Ein Auto fuhr straks darüber, noch bevor ich bremsen konnte. Der Christophorus zersplitterte komplett. Ich bin ja nicht abergläubisch. Ganz und gar nicht. Aber das ist nun eindeutig ein Zeichen. Ganz egal was es bedeutet, ich habe beschlossen vorsichtiger zu fahren. Vielleicht sollte ich mich nicht mehr an die Strassenbahn hängen und mich von ihr über die Kirchenfeldbrücke ziehen lassen.
12.06.07
11.06.07
Es ist Morgen
„Ist letzte Nacht ein Traktor durch die Wohnung gefahren?“ fragt meine Mitbewohnerin aus dem Bad. Es ist Morgen. Ich sitze in der Küche und stelle mir vor, wie ein Traktor durch die Wohnung fährt. Die Vorstellung ist nicht übel. So früh morgens laufen solche Filme noch in Zeitlupe ab.
„Warum?“ rufe ich zurück.
„Ich sehe aus, als wäre ich von einem Traktor überfahren worden,“ sagt sie.
Sie setzt sich zu mir an den Frühstückstisch. Die Reifen haben tatsächlich ein paar interessante Abdrücke auf ihrer Wange hinterlassen. Über den ganzen Arm erstreckt sich ein eingeprägtes Pneuprofil.
„Und,” fragt sie, „wie sehe ich aus?“
„ Die Nacht hat hübsche Falten auf deine Haut tätowiert.“
„Und ist die Nacht auch über meinen Kopf gefahren? Ich sagte doch Traktor! “
„Du siehst total traktoriert aus“ sage ich „mit deinen flachgedrückten Haaren, deinen geschwollenen Augen und dem zerknitterten Gesicht. Das sieht so sexy aus, das glaubst du gar nicht.“
„Sexy“
„Mhmja.“
Sie lächelt endlich.
„Warum?“ rufe ich zurück.
„Ich sehe aus, als wäre ich von einem Traktor überfahren worden,“ sagt sie.
Sie setzt sich zu mir an den Frühstückstisch. Die Reifen haben tatsächlich ein paar interessante Abdrücke auf ihrer Wange hinterlassen. Über den ganzen Arm erstreckt sich ein eingeprägtes Pneuprofil.
„Und,” fragt sie, „wie sehe ich aus?“
„ Die Nacht hat hübsche Falten auf deine Haut tätowiert.“
„Und ist die Nacht auch über meinen Kopf gefahren? Ich sagte doch Traktor! “
„Du siehst total traktoriert aus“ sage ich „mit deinen flachgedrückten Haaren, deinen geschwollenen Augen und dem zerknitterten Gesicht. Das sieht so sexy aus, das glaubst du gar nicht.“
„Sexy“
„Mhmja.“
Sie lächelt endlich.
08.06.07
Kontrollieren Sie bitte.
Heute ist ein grosser Tag. Heute kommt mein Lieblingskondukteur vorbei. Ich sehe ihn draussen auf dem Bahnsteig stehen. Ich kann es kaum erwarten. Er wird mir bestimmt wieder in die Augen schauen bevor er mein Billet kontrolliert.
Seit drei Wochen warte ich auf diesen Augenblick. Vor drei Wochen schaute er mir tief in die Augen und kontrollierte mein Billet.
„Bonjour,“ höre ich ihn sagen. Er steht plötzlich vor mir und ich erstarre. Ich wage es nicht, ihm in die Augen zu schauen. Mein Herzschlag jagt wie eine Flipperkugel in meiner Brust herum. Ich kann mich nicht mehr bewegen. Er wartet. Er legt seinen Arm auf die Sitzlehne. Ich höre seine Uhr ticken, so nah ist seine Hand an meinem Ohr. Er will dein Billet sehen, denke ich. Nimm das Billet hervor und zeige es ihm.
„Oui?“ fragt er nur.
„Votre sourir me tourmente,“ sage ich errötend. Tourmente. Tourmente. Das ist sicher das falsche Wort. Mir fallen immer die falschen Worte ein, in solchen wichtigen Momenten. Ihr Lächeln tourmentiert mich. „En bien ou en mal,“ fragt er lächelnd. Was um Himmels Willen bedeutet tourmente, denke ich und sage ja ja, im guten, nicht im schlechten Sinn. „Ah bon,“ sagt er erstaunlich erleichtert.
Gerettet.
Ich schaue ihn kurz an. Er hat unverschämt helle Augen. Ich bin verloren. Ich erröte und sage: „Je rougis.“ Er geniesst es ausgiebig mich roujir zu sehen. Ich fächere mir mit der Hand etwas Luft zu. Es hilft nicht. Es sieht nur dramatisch aus. Als würde ich gleich in Ohnmacht fallen. Mit glühenden Wangen halte ich ihm mein Abonnement vor die Augen. Er nimmt es mir aus der Hand, dreht es um und steckt es richtig herum wieder zwischen meine Finger. Ich wünschte, ich würde jetzt in Ohnmacht fallen.
Als er geht bin ich erleichtert und enttäuscht zugleich. Ich hasse das, diese gegensätzlichen gleichzeitigen Zustände. Es fühlt sich an wie zwei Kugeln auf einmal im Flipperkasten. Man spielt sie wie besessen und kriegt nichts mehr mit vom Spiel.
Von hinten sehe ich, dass er einen langen, schwarzen geflochtenen Haarzopf hat. Ein Kondukteur mit geflochtenen Haaren. Hellen Augen. Sonnenbrille auf dem Kopf. Ein Ohrring im linken Ohr. Wo gibt es denn so was.
Ich beruhige mich und bleibe noch eine Weile an dem Gedanken hängen, wie er ohne Uniform wohl aussieht. Nicht nackt jetzt. In seiner Freizeithose meine ich. Ist es ein Rocker? Oder eher ein Künstler?
Da taucht er plötzlich wieder vor mir auf. Mein Herz fällt in Ohnmacht. „Excusez-moi“ sagt er während er kurz stehen bleibt und mit dem Finger in seine Richtung zeigt, aber er müsse noch einmal hier entlang gehen. Dabei grinst er. Er grinst und geht entlang.
Ich muss meine Kollegin fragen, was tourmenter bedeutet, denke ich und nehme zwei Tritte auf einmal die Treppe rauf. „Chantal?“ rufe ich während ich die Tür öffne. Chantal ist Französischlehrerin und heisst wirklich so. Wenn man sie ärgern will, spricht man es deutsch aus: Schahnthal. Ich will sie nicht ärgern und rufe: „Chantal, was heisst vous me tourmentez?“
- „Das heisst, dass jemand dir grosse Probleme bereitet.“
- „Probleme welcher Art?“
- „Quälende, bedrängende Probleme.“
- „Kann es auch positiv gemeint sein?“
- „Nein.“
- „Ausgeschlossen? Auch nicht in einem positivmasochistischen Sinn?“
- „Es ist definitiv negativ,“ sagt sie.
Seit drei Wochen warte ich auf diesen Augenblick. Vor drei Wochen schaute er mir tief in die Augen und kontrollierte mein Billet.
„Bonjour,“ höre ich ihn sagen. Er steht plötzlich vor mir und ich erstarre. Ich wage es nicht, ihm in die Augen zu schauen. Mein Herzschlag jagt wie eine Flipperkugel in meiner Brust herum. Ich kann mich nicht mehr bewegen. Er wartet. Er legt seinen Arm auf die Sitzlehne. Ich höre seine Uhr ticken, so nah ist seine Hand an meinem Ohr. Er will dein Billet sehen, denke ich. Nimm das Billet hervor und zeige es ihm.
„Oui?“ fragt er nur.
„Votre sourir me tourmente,“ sage ich errötend. Tourmente. Tourmente. Das ist sicher das falsche Wort. Mir fallen immer die falschen Worte ein, in solchen wichtigen Momenten. Ihr Lächeln tourmentiert mich. „En bien ou en mal,“ fragt er lächelnd. Was um Himmels Willen bedeutet tourmente, denke ich und sage ja ja, im guten, nicht im schlechten Sinn. „Ah bon,“ sagt er erstaunlich erleichtert.
Gerettet.
Ich schaue ihn kurz an. Er hat unverschämt helle Augen. Ich bin verloren. Ich erröte und sage: „Je rougis.“ Er geniesst es ausgiebig mich roujir zu sehen. Ich fächere mir mit der Hand etwas Luft zu. Es hilft nicht. Es sieht nur dramatisch aus. Als würde ich gleich in Ohnmacht fallen. Mit glühenden Wangen halte ich ihm mein Abonnement vor die Augen. Er nimmt es mir aus der Hand, dreht es um und steckt es richtig herum wieder zwischen meine Finger. Ich wünschte, ich würde jetzt in Ohnmacht fallen.
Als er geht bin ich erleichtert und enttäuscht zugleich. Ich hasse das, diese gegensätzlichen gleichzeitigen Zustände. Es fühlt sich an wie zwei Kugeln auf einmal im Flipperkasten. Man spielt sie wie besessen und kriegt nichts mehr mit vom Spiel.
Von hinten sehe ich, dass er einen langen, schwarzen geflochtenen Haarzopf hat. Ein Kondukteur mit geflochtenen Haaren. Hellen Augen. Sonnenbrille auf dem Kopf. Ein Ohrring im linken Ohr. Wo gibt es denn so was.
Ich beruhige mich und bleibe noch eine Weile an dem Gedanken hängen, wie er ohne Uniform wohl aussieht. Nicht nackt jetzt. In seiner Freizeithose meine ich. Ist es ein Rocker? Oder eher ein Künstler?
Da taucht er plötzlich wieder vor mir auf. Mein Herz fällt in Ohnmacht. „Excusez-moi“ sagt er während er kurz stehen bleibt und mit dem Finger in seine Richtung zeigt, aber er müsse noch einmal hier entlang gehen. Dabei grinst er. Er grinst und geht entlang.
Ich muss meine Kollegin fragen, was tourmenter bedeutet, denke ich und nehme zwei Tritte auf einmal die Treppe rauf. „Chantal?“ rufe ich während ich die Tür öffne. Chantal ist Französischlehrerin und heisst wirklich so. Wenn man sie ärgern will, spricht man es deutsch aus: Schahnthal. Ich will sie nicht ärgern und rufe: „Chantal, was heisst vous me tourmentez?“
- „Das heisst, dass jemand dir grosse Probleme bereitet.“
- „Probleme welcher Art?“
- „Quälende, bedrängende Probleme.“
- „Kann es auch positiv gemeint sein?“
- „Nein.“
- „Ausgeschlossen? Auch nicht in einem positivmasochistischen Sinn?“
- „Es ist definitiv negativ,“ sagt sie.
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