29.03.07

Starke Frauen Teil 4

Rodeo Woman Fox Hastings

Sie hat alles um eine Legende zu sein: Ausreisserin aus dem elterlichen Haushalt mit 14, dann Heirat mit einem professionellen Rodeoreiter und Selbstmord in jungen Jahren in einem verlassenen Hotel in Arizona. C’est la vie.


Stark war sie bestimmt, denn ihr Rekord im Bullen flachlegen lag bei 17 Sekunden. Wenn Sie verstehen, was ich meine.

Die Fotos von ihr stammen von Homer Venters.



27.03.07

Über das Vergessen und den Schnee von heute

Ich versuche ihn zu vergessen. So, wie man sich das Rauchen abgewöhnt. Man denkt den ganzen Tag ans Rauchen und freut sich dann, dass man es geschafft hat nicht zu rauchen.
Ich wache morgens auf und mein erster Gedanke ist: Vergiss ihn!
„Aber...“ sagt die Erinnerung.
Vergiss ihn, denke ich, er passt nicht zu dir.
„Aber...“ seufzt die Nostalgie.
Vergiss ihn, sage ich, du warst doch glücklich auch ohne ihn.
„Aber...“ sagt die Lust.
Vergiss ihn! Wahrscheinlich hat er eine Geschlechtskrankheit. Bestimmt macht er ein Theater wegen den Kondomen. Oder seine Ex reitet ihn im Geiste immer noch in die Hölle und er ist zufrieden damit. Vergiss ihn!
„Aber...“ sagt die Lust. Sie gibt nicht so schnell auf.
Ich weiss schon, dir geht es nicht nur ums Ficken, meine Gute, erwidere ich voller Verständnis. Du wirst auch älter. Dir geht es um die warme Nachmittags-Sonne die auf uns scheint, wenn wir danach erschöpft am Boden zwischen den zerwühlten Laken liegen. Doch überleg mal ernsthaft meine Liebe, sage ich ganz vernünftig zu meiner unzufrieden im Zimmer hin und her trabenden Lust: Was ist wenn dir sein Schwanz nicht gefällt, was dann?
„Mir hat noch jeder Schwanz gefallen,“ erwidert die Lust eigensinnig „Und er hat bestimmt den schönsten Schwanz der Welt, wenn du meine Einschätzung hören willst.“
Dann küsst er sicher schlecht! Ach, vergiss ihn einfach! Er passt einfach nicht!
(Stille)
„Aber...“ fällt der Erinnerung plötzlich ein, die sich inzwischen den Einwand ‚Er passt nicht’ nochmals überlegt hat, „deine Nachbarin hat auch einen neuen Freund, der nicht zu ihr passt.“
Gestern Abend hatte sie mich zum Essen eingeladen und ihn mir vorgestellt. Er heisst Guglielmo und spricht Italienisch mit einem Akzent. „So süss,“ sagte meine Nachbarin. „Ich verstehe zwar oft nicht, was er sagt, aber ich höre ihm so gerne zu,“ schwärmte sie, als wären seine Worte wie Puderzucker auf ihr Gehirn gerieselt.
Er sieht aus wie ein Superheld in einem unkolorierten Comic. Seine Aufgabe ist vermutlich, durch seine Makellosigkeit die Welt von allem Bösen zu erlösen. Deshalb wurde er gezeichnet. Seine Gesichtszüge wirken prägnant und konturlos zugleich. Als ob man alles Aufsehen erregende mit einem Make-up-Schwamm weggewischt hätte. Irgendeinen Fehler muss er doch haben, dachte ich mir, und während ich mit ihm redete, wartete ich nur darauf, dass er sich durch eine unkontrollierte Geste als perverser Zahnarzt, feiger Psychotherapeut oder psychotischer Heiratsschwindler entlarvte. Nicht dass mich das jetzt sehr beeindruckt hätte, denn ich habe nie Zahnärzte oder Psychotherapeuten kennen gelernt, die anders gewesen wären. Und etwas Traurigeres als „normale“ Heiratsschwindler gibt es sowieso nicht. Doch es wäre eine willkommene Abwechslung zu dem Geplapper gewesen.
Aber so einfach war das nicht mit diesem durchtrainierten Bauchredner. Er redete und redete und ich sah zu, wie die Silben aus seinem losen Fischmaul perlten ohne ihren Sinn auch nur zu ahnen. Bald merkte ich, wie unwichtig es ihm war, dass ich ihn nicht verstand. Er sah einfach gerne den Zuckerschlösschen zu, die sich vor ihm auftürmten, während er redete.
Ich fragte mich, wo sich die Beiden wohl kennen gelernt haben. Vermutlich im Internet. Er kam bisher in der realen Welt meiner Nachbarin nicht vor. Nun sind sie zusammen. Und das Irreale an der Begegnung schwebt wie ein geheimnisvolles Missverständnis über ihnen.
(Stille)
Weshalb kommt eigentlich kein „Aber...“ mehr?

Es scheint ein sonniger Tag zu werden heute. Auf den Sträuchern vor meinem Fenster liegt noch etwas Schnee. Ich wäre heute so gerne mit ihm Schlitteln gegangen. Nun wird er allmählich aus meinem Sehnen verschwinden wie der Schnee, draussen vor der Stadt auf den Äckern, der langsam in den Furchen zerschmilzt.

Die schönsten Fehler heute

Schreiben Sie bitte einen Satz mit dem Wort:

heiss

Wie heisst er?


25.03.07

Sonntagsmusik bei Minka



Beirut entdeckt.
Das Album Gulag Orkestar.
Ein Album, ganz nach meinem Geschmack. Ein 20 jähriger begnadeter Musiker Namens Zach Condon steckt dahinter.
Und welch wundervolle Stimme er hat. Dieu de Dieu!

23.03.07

Das Gefühl für die Zeit

Ich fahre neuerdings jeden Tag mit dem Zug nach Biel. Und ich renne aus diesem Grund jeden Morgen durch den Bahnhof, weil ich immer spät dran bin und kein Gefühl für Bahnhöfe, wartende Züge und Sekunden habe. Es handelt sich bei verpassten Zügen immer um Sekunden. Und bei erwischten Zügen um pochende Herzschläge.
Während der Zugfahrt lese ich oder kombiniere, was man eben so morgens alles in Gedanken zusammen kombiniert.
Im Moment kann ich aber weder lesen noch denken. Draussen schneit es und der Gedanke an diesen Mann fühlt sich an, als würde es in meinem Kopf stürmen und schneien. Ich traf ihn gestern Nachmittag und er sah noch besser aus, als ich ihn in Erinnerung hatte. Wenn er lachte, bildeten sich kleine Falten auf seinen Wangen und als er mir in die Augen schaute, war ich in höchster Lawinengefahr.
Ach, was will man mehr, als am Zugfenster zu sitzen und die Schmetterlinge im Bauch über den Schnee flattern sehen.

09.03.07

Die Blonde, die sich ein wenig geniert und der Latino, der sie dabei massiert

Die Blonde und der Latino sitzen neben mir in der Bar. Sie sieht vom Typ her ein wenig aus wie die Sprechstundenhilfe, die man sich als Mädchen mit 12 Jahren zu werden wünscht. In dieser kurzen Phase, nachdem man begriffen hat, dass Pferdezureiterin und Tierärztin auch nicht so ganz das Wahre zu sein scheinen. Sie spricht in einem fort und er hört geduldig zu. Indianer sind geduldig, sagen seine Augen. Tja so ist das, Gringa. Verständnis, Verständnis überall. Er versucht ganz offensichtlich, sie zu verführen. Weshalb sollte er sonst immer noch Lächeln, bei all dem was er zu hören bekommt.
Verführungen sind immer ein spannendes Theater, denke ich. Zumindest solange die Akteure noch nüchtern sind. Ich warte auf meine Freundin und das unerwartete abendliche Unterhaltungsprogramm kommt mir gerade sehr gelegen.
Er schlägt ihr also eine Massage vor.
- Warum willst du mich denn massieren? fragt sie.
Blöde Frage, denkt er. Aber was er sagt ist:
- Ich bin Masseur. Ich mache die besten Massagen der Welt. Du wirst schon sehen.
Ich bemerke ihre Verlegenheit, weil sie nicht einschätzen kann, worauf er hinaus will. Warum sagt er Massage, denkt sie, oder meint er das wirklich. Aber eigentlich will sie es auch gar nicht so genau wissen. Wegen der Romantik und so....
Der Indio lächelt sie weiter gelassen an, während er daran denkt, wie er ihren bleichen Blondinenkörper unter seinen Händen um den Verstand bringen wird. All die Sonne in seinen Händen.
Weil ihr nichts besseres einfällt schüttelt sie nun erstmal verneinend ihren kopflosen Bernerburgerinnen-Blondschopf. Sieht immer gut aus, besonders jetzt mit der neuen Frisur. Hunde gähnen in so einem Moment, habe ich mal gelesen, als Übersprungbewegung. Aber gähnen kann sie jetzt ja schlecht. Doch man sieht schon jetzt, dass sie fühlt, dass sie sowohl ein ja wie auch ein nein später gleichermassen bereuen wird.
- Nur eine Massage, höre ich ihn sagen, und seine Stimme klingt so aufmunternd wie die eines Frisörs, der sagt: Nur die Spitzen.
- Na ja, eigentlich hast du recht, sagt sie, eine Massage könnte ich jetzt ganz gut brauchen, und verzieht dabei die Schultern um so etwas wie eine Verspannung vorzutäuschen.
Sogar ich spüre, dass sie es jetzt darauf ankommen lassen will. Aber sie will ohne wollen zu müssen. Sie stellt auf Autopilot. Sie fliegt gerne mit dem Autopiloten über einen ihr fremden Strand. Durch die Sonnenbrille sehen die Strände eh alle gleich aus und das Meer erscheint von oben so dunkel und schwer, dass man sowieso nie darin baden möchte. Nur das mit der Landung in Bern-Bümpliz ist manchmal etwas schwierig, weil automatisch geht das nicht. Aber wenn die Pilotin ihre Maschine kennt spürt man die Landung kaum. Ha ha guter Spruch oder?
Sie möchte, dass der Lauf der Dinge für sie entscheidet. Dabei nähert sie sich innerlich einem Zustand, den sie als „spontan“ bezeichnen würde.
Allerdings endet das mit der Spontaneität wie sie aus Erfahrung weiss, meist tragisch. Das funktioniert eigentlich nur theoretisch, das mit der Spontaneität. Wenn man z. B. an all die Menschen denkt, die letztes Jahr ganz spontan nach Thailand in die Ferien gefahren sind und dann kam diese Flutwelle. Sie kam ja auch total spontan verrückt, so ganz spontan unkonventionell. Obwohl die sich wahrscheinlich schon frei fühlten damals, so ohne Koffern und Retourticket und alles. Aber so eine spontane Freiheit, die kann einem ganz schön Angst machen.

Doch jetzt hat dieser braungebrannte, exotische Latin-Lover sie zu massieren begonnen und sie glaubt für einen kurzen Moment, dass sie alles spontan richtig gemacht hat. Jedenfalls fühlt sich alles so an, wie damals als sie die Story darüber in dieser Zeitschrift für weltgewandte Frauen las. Dort stand auch, dass jede Frau ein Recht darauf hat sich verwöhnen zu lassen, und schliesslich war es ja seine Idee gewesen, das mit der Massage. Sie wusste zwar, dass er etwas anderes wollte, aber sie wusste auch, dass sie in einer Stunde zum Yoga verabredet war. Punkt.

Ja so ist das Indio, sagte Montezuma später zu dem mythischen Masseur als sie zusammen wieder draussen auf der Strasse standen, sie lassen dich das Zuckerrohr zwar jäten und ernten, Amigo, aber der Saft der durch deine Finger rinnt, schmeckt meistens bitter.

07.03.07

06.03.07

Mutige Frauen Teil 2

Quelle leider nicht mehr bekannt, gefunden irgendwann, irgendwo im Welt Weiten Web

Untertitel:
Wie man Erinnerungen und Geheimnisse konserviert

Auf meiner Reise in Kanada schenkte mir ein Jäger eine Dose Bärenfett. Es ist eine alte, rostige Farbdose mit einem Deckel, den ich nur mit einem Schraubenzieher öffnen kann. Ab und zu öffne ich die Dose und schaue rein, als gälte es ein Geheimnis zu lüften. Ich könnte damit meine Lederstiefel einreiben aber das tue ich nicht. Ich bewahre meine Fettdosen lieber auf. Ich habe seit zwanzig Jahren eine Murmeltierfett Dose, die ein Hirte im Bündnerland mir geschenkt hatte. Wenn ich die Murmeltierfettdose öffne, fallen mir all die Geschichten und Abenteuer meiner jungen Jahre in den Bergen ein, als wären sie darin bestens konserviert.

05.03.07

Als Kind wollte ich Dompteuse werden

Sehr empfehlenswert: Die Ausstellung Haarsträubend im Museum für Kommunikation.

Viele spannende Bilder sind Leihgaben aus Berlin. Zum Beispiel dieses hier:

Claire Heliot 1866 - 1953



Nun weiss ich auch, wie Wildschweinduftdrüsen riechen: Es erinnert einen an etwas, aber man kommt nicht gleich dahinter, was es ist. Es ist wie der haftende Geruch nach dem Sex. Er ist nicht zu orten, schwebt wie eine Erinnerung im Raume.

Bibergeil, das Sekret aus dem Castorbeutel des Bibers riecht sehr männlich. Der Geruch von Dunkelheit und Bartstoppeln, und weichen, warmen Hoden unter der Decke.

Und wenn ich schon dabei bin: Moschus riecht nach fickrigen, kleinen Männern. Das ist aber persönlich. Ich kannte mal einen kleinen, fickrigen Mann, der sich so ein Moschus Duft an den Hals schmierte.

04.03.07

Handwerkerinnen bei der Arbeit

„Lass mich auch mal bohren,“ sagt meine Mitbewohnerin. Ich drücke ihr den Bohrschrauber in die Hand. „Hier bohrst du rein,“ sage ich und zeige ihr die Stelle auf dem Holzbalken. Sie bohrt ein wenig und bleibt stecken. „Immer rein und raus,“ sage ich. „Arbeite dich langsam vor, immer ein Stück tiefer rein.“ Sie bohrt und lacht plötzlich: „Ich wusste gar nicht, dass Bohren etwas so Sexualisiertes ist.“